Page 30 - Michaels_Buch Februar_neu
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treu ergeben und hörte aufs Wort. Da es in den Teen-Clubs immer mal wieder Ärger gab und ich um
            mein Equipment fürchtete, nahm ich Britta zu den Tank-Gigs mit. Sie lag sogar während des
            Auftritts neben mir und achtete darauf, dass mir keiner zu nahe kam.

            Eines Tages war mal wieder richtig Randale angesagt. Offensichtlich waren zwei Jugendgangs
            aneinander geraten und es gab eine Massenschlägerei. Meine Mitmusiker hatten Angst um ihre
            Instrumente und beschworen mich, etwas zu unternehmen. Britta merkte, dass gleich etwas
            passieren würde, denn sie stand mit gespitzten Ohren neben mir. Ich sagte zu ihr „Mädchen, geh
            runter und sorg für Ordnung“. Sie stürzte sich wie eine Furie zwischen die Kämpfenden, biss
            innerhalb von kürzester Zeit mehrere Jugendliche und nach 5 Minuten war der Spuk beendet.
            Es war ein ganz trauriger Moment, als nach neun Monaten Britta wieder abgeholt wurde. Ich hab
            sie nie wieder gesehen, aber bis heute nicht vergessen.


            Unser Drummer Jeff hatte mir auf einer unserer Proben einen Brief seines Vaters überreicht. Darin
            lud er mich zum Essen mit Jeffs gesamter Familie ein. Er war General und die Familie wohnte in
            Vogelweh in einem luxuriösen Bungalow. Jeffs größte Angst war, dass ich mich im Ton vergreifen
            könnte. Wir Musiker führten eine etwas legere Art der Unterhaltung und benutzten öfter mal das F-
            Wort. Wenn mir das beim Essen mit seiner Familie passieren würde, wäre das der Supergau. Jeff
            wusste allerdings nicht, dass ich eine gute Erziehung genossen hatte und mich entsprechend zu
            benehmen wusste. Das Essen war ein voller Erfolg und ich wurde gebeten, bald wieder zu kommen.
            Daraus wurde leider nichts, denn der Vietnamkrieg war zu der Zeit auf dem Höhepunkt und Jeffs
            Vater bekam seine Versetzung nach Seoul. Seine Familie ging zurück in die Staaten und da auch der
            Vater des Sologitarristen versetzt wurde, war das das Ende von Tank.

            Im Jahr 1971 sah ich in unserem Jugendzentrum zum ersten Mal einen Auftritt der Band „Tak Taffy
            Jam“, bestehend aus vier Musikern aus Kindsbach, zwei Ortschaften weiter. Sie waren zu der Zeit
            unsere größten Konkurrenten und ich wollte mir mal anschauen, warum so viele Leute von ihnen
            schwärmten. Sie spielten viel rockiger als wir und hatten etliche Jimmy Hendrix-Nummern im
            Repertoire. Besonders Heinz Glass, der Sologitarrist, imponierte mir sehr, weil er wie sein großes
            Vorbild spielte. An der zweiten Gitarre war Dieter Schnapka, der später dann auf Bass umgestiegen
            ist.

            Mittlerweile hatte sich herumgesprochen, dass sich meine Band Tank aufgelöst war. Eines Tages
            standen Heinz und Dieter bei mir in Kottweiler in der Küche. Sie erzählten mir, dass sie eine Band
            mit Namen Penicillin gegründet hätten und mich gerne als Keyboarder wollten. Ihr Proberaum war
            bei ihrem Schlagzeuger Bernie in Steinwenden und lag nur zwei Kilometer von meiner Wohnung
            entfernt. Sänger war Freddy, der eine mächtige Röhre hatte. Die erste Probe war ein voller Erfolg.
            Wir spielten Jazzrock mit ganz ungewöhnlichen Abläufen. Nach einigen Wochen Probe waren wir
            so gut eingespielt, dass wir eine Art Experimentalmusik machten. Wir einigten uns lediglich auf die
            Tonart und starteten dann einen Song und es wurde frei improvisiert. Jeder übernahm einmal die
            Führung und es gab die vertracktesten Riffs und Melodien. Bernie hatte ein riesiges schwarzes
            Schlagzeug mit zwei Bassdrums, etlichen Toms und noch mehr Becken. Darauf spielte er wildeste
            Sachen. Er hatte eine gute Technik, die für diese Art von Musik ideal war.


            Leider waren wir mit unserer Musik nicht sehr erfolgreich, denn das Publikum wollte doch mehr
            rockige Songs mit einfachen Gitarrenriffs. Wir begannen, immer mehr Songs nachzuspielen und da
            stellte sich schnell raus, dass Bernie zwar viel Technik drauf hatte, aber bei einfachen Stücken
            keinerlei Groove entwickelte. Ich war mit Arthur und Jeff an zwei sehr gute Drummer gewöhnt, die
            auch bei einfachen Rhythmen richtig Dampf machten. Dagegen war Bernie eine absolute Pfeife.
            Auch Heinz und Dieter waren von Bernie enttäuscht und wir beschlossen, uns von ihm zu trennen.

            Damit wir weiter Auftritte absolvieren konnten, fing nun Freddy bei Penicillin an Schlagzeug zu
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