Page 37 - Michaels_Buch Februar_neu
P. 37

unterschrieb den Mietvertrag, bekam die Schlüssel und machte mich pochenden Herzens zu meiner
            Wohnung am Lindener Berg auf. Ich hatte Glück: Die Wohnung lag im dritten Stock und war
            bezaubernd. Direkt gegenüber war ein Park und davor eine Kirche. Das war für mich natürlich der
            Hammer, denn ich bin Glockenfan und liebe es, morgens im Bett liegend von Glockengeläut
            geweckt zu werden.


            In meiner Ein Zimmer Wohnung hatte ich nur ein Bett, einen Tisch und einen Stuhl. Nun musste
            aber eine Zwei Zimmer Wohnung eingerichtet werden. Ich besaß nur wenig Geld, das natürlich
            nicht für Möbel reichte. Da kam mir eine Idee. Ich ging auf den Markt und besorgte mir von den
            Händlern leere Obstkisten. Dann kaufte ich Schaumstoff, Farbe, Vorhangstoff und Nägel mit dicken
            Köpfen. Zuerst wurden die Kisten angestrichen, dann Schaumstoff drauf gelegt und den Stoff
            darüber mit den Nägeln an der Seite befestigt. Nach einem Tag Arbeit hatte ich einzigartige Stühle
            und begann nun  einen Tisch und Regale nach der gleichen Methode zu bauen.

            Direkt als ich nach Hannover gekommen bin, hab ich mich natürlich erst einmal in der Musikszene
            umgesehen. Ich spielte einige Jamsessions, konnte aber keinen Musiker finden, der die Klasse von
            Heinz, Dieter und Alf hatte. Irgendwann bin ich auf Jochen Krause gestoßen. Er war Gitarrist und
            hat auch gesungen. Später ist er durch Radio FFN zusammen mit seinem Sketchpartner als Duo
            Siggi und Raner zu einiger Berühmtheit gelangt. Leider ist er sehr früh verstorben.


            Mit Jens habe ich mich sehr gut verstanden. Wir waren einfach auf einer Wellenlänge und haben in
            seinem Haus Am Heidkampe manchen Abend zusammen über das Leben philosophiert. Er hatte
            dort einen Proberaum, in dem nun auch mein Equipment stand. Wir suchten einen Bassisten und
            einen Drummer und sahen uns verschiedene Musiker an. Leider waren alle nicht auf dem Niveau,
            das wie erwarteten und so wurde nichts aus der Band.


            Dann rief Alf an. Er sagte, er hätte eine neue Band zusammengestellt, ein Gitarrist, ein Bassist und
            ein englischer Sänger wären schon an Bord, es fehlte nur noch ein Keyboarder. Nun ist
            Bremerhaven 190 km von Hannover entfernt und wie sollte ich da jede Woche zweimal zur Probe
            hinkommen? In der ersten Zeit in Hannover bin ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren und
            hatte nicht einmal mehr ein Auto. Alf hatte sich das aber gut überlegt. Er sagte, es gäbe nur einmal
            im Monat eine dreitägige Probe, da könnte ich im Gästezimmer des Gitarristen schlafen. Ich sagte
            zu.


            Ich kaufte mir einen VW-Käfer, mit dem ich nach Bremerhaven fuhr. Vorher hatten meine
            zukünftigen Mitmusiker mein Equipment von Jens Krause abgeholt und es in den Proberaum nach
            Bremerhaven gebracht. Wir probten mehrere Tage und ich war froh, endlich eine Band mit
            passablen Musikern zu haben. Die Band hieß „Just Married“ und wir spielten in Diskotheken im
            Umkreis von Bremerhaven.


            Nach meinem Praktikum konnte ich mich in Hildesheim an der Fachhochschule für
            Sozialpädagogik einschreiben. Mit großen Erwartungen ging ich zu den ersten Vorlesungen. Am
            Anfang war es noch ganz interessant, mit der Zeit stellte ich allerdings fest, dass da offensichtlich
            sehr viel geredet wurde, aber wenig Aussage dahinter steckte. Mit meinen Kommilitonen wurde ich
            auch nicht richtig warm, sie kamen direkt von der Schule und obwohl sie noch nicht viel erlebt
            hatten, fühlten sie sich doch überaus wichtig und dachten, sie hätten die Weisheit mit Löffeln
            gegessen. Ich ging immer seltener zu den Vorlesungen und zum Schluss kam ich nur noch zweimal
            im Jahr, um mich für das nächste Semester einzutragen. Das ging drei Semester so, dann schloss ich
            dieses Kapitel endgültig.

            Mein Vater war an Multiple Sklerose erkrankt und frühzeitig pensioniert. Er lebte immer noch mit
            Astrid und meiner kleinen Schwester in Ramstein. Es ging ihm immer schlechter und sein Arzt
   32   33   34   35   36   37   38   39   40   41   42