Page 40 - Michaels_Buch Februar_neu
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Ich wurde schließlich fündig und machte einen Besprechungstermin mit dem Versicherungsagenten
aus. Wir trafen uns im Musikhaus Döll und so lernte ich Achim Schulze kennen, der nicht nur unser
Equipment versicherte, sondern mir auch ein sehr guter Freund und Berater wurde und das bis heute
ist.
Ich war zwar ein guter Musiker, aber mein Equipment war nicht unbedingt das, was man in einer
Band wie Epitaph gewohnt war. Meine Hammond entsprach nicht den allgemeinen Ansprüchen,
denn ich hatte ein T-Modell, das mehr für den Heimgebrauch konzipiert war. Deshalb machte ich
mich auf die Suche nach neuem Equipment. Ich bekam eine M 100, ein Fender Rhodes und einen
Mini Moog. Da Epitaph recht bekannt war, stellte mir die Firma Solton zwei Leslies kostenlos zur
Verfügung. Ein Leslie ist ein rotierender Lautsprecher, den man in der Geschwindigkeit einstellen
kann. Er gibt der Hammond den speziellen Sound. In meinem Rockpalast-Video sieht man, wie ich
mit der rechten Hand öfter auf einen Schalter schlage. Das ist der Geschwindigkeitsregler für die
Leslies.
Wir waren zwar als Band komplett, hatten aber außer einem Manager kein Personal. Wir brauchten
wenigstens einen Roadie, der sich um den Aufbau kümmerte und unseren Sound mischte. So ein
Allroundmann war Daula. Er war lange mit Otto Waalkes auf Tour und hatte dort alles allein
bewältigt. Daula hatte sich sehr schnell eingearbeitet und jetzt stand unseren Auftritten nichts mehr
im Weg. Die meisten erfolgreichen Krautrock-Bands hatten zwar zwei Roadies, doch bei jedem
Konzert musste der Veranstalter mindesten drei Aufbauhelfer stellen und da Daula die gut im Griff
hatte, kamen wir damit klar. Der einzige Nachteil von Daula, war die Tatsache, dass er keinen
Führerschein besaß. Deshalb musste jedes Mal jemand von uns den Truck fahren.
Und dann ging es im September auf Tour. Jedes Konzert wurde von John Kirkbride eröffnet. Er ist
ein schottischer Sänger, Gitarrist, Songwriter und Entertainer. Bezeichnend für Kirkbrides Live-
Auftritte ist, dass er durch authentische Bluesmusik eine enge Beziehung zum Publikum herstellt,
indem er es mit Anekdoten und witzigen, teils auch gesellschaftskritischen Nebenbemerkungen
einbezieht. Besonders Heinz und ich haben in den zwei Monaten eine sehr enge Freundschaft mit
ihm geschlossen.
Nach John waren wir dran. Wir spielten ein Set von 60 Minuten und mussten in der Regel zwei oder
drei Zugaben geben.
Nach uns spielte Omega. Das war die erfolgreichste Rockband in der ungarischen Musik-
Geschichte und auch in Deutschland sehr bekannt. Die Musiker spielten eine Art Bombastrock und
hatten mit Janos Kobor einen charismatischen Sänger, der von allen Frauen angehimmelt wurden.
Der Gitarrist wurde Elephant genannt und hatte eine enorme Präsenz auf der Bühne. Er war zwar
nicht der tollste Sologitarrist, machte das aber mit Showelementen mehr als wett.
Wir spielten jeden Tag in einer anderen Stadt und schliefen in Hotels. Heinz und ich hatten immer
ein Doppelzimmer, Fritz war bei Cliff und Harvey bei Daula untergebracht. Heinz hatte einen
Afrolook und mich weckte öfters morgens ein Kitzel in der Nase, wenn ich seine Haare im Gesicht
spürte. Heinz war der absolute Mädchenschwarm. Vor der Bühne fand sich immer eine Traube an
jungen Damen, die ihn anhimmelten.
Jeder Tag war aufregend, aber im Grunde genommen auch gleich. Wir fuhren nach dem Frühstück
los, checkten in einer neuen Stadt im Hotel ein, fuhren zum Soundcheck in die Halle und dann ins
Hotel zurück. Am Abend ging es zum Auftritt. Wir wussten manchmal nicht einmal mehr, in
welcher Stadt wir uns gerade befanden.
Ich war zum ersten Mal in Freiburg. Wir spielten dort in der Uni-Mensa. Nach dem Soundcheck