Page 43 - Michaels_Buch Februar_neu
P. 43
auf der Fahrt nach Wiesbaden innerhalb von fünf Stunden kontrolliert wurden. Der Höhepunkt aber
war, als eine ganze Reihe von schwer bewaffneten Polizisten unser Haus stürmten. Sie
durchsuchten alle Räume und wir mussten stundenlang vor Beamten mit Maschinenpistolen warten,
bevor es Entwarnung gab. Der leitende Kommissar hat sich dann aber bei uns entschuldigt und die
schlechte Organisation und die Inkompetenz der Politik für den Einsatz verantwortlich gemacht.
Wir spielten wieder einmal ein großes Festival in der Westfalenhalle. Das ist mir aus mehreren
Gründen in Erinnerung geblieben. Wir steckten in einem Stau und waren spät dran, als ich
unbedingt auf die Toilette musste. Cliff sagte, dass nicht mehr angehalten werden durfte, da wir spät
dran seien. Ich machte aber so einen Alarm, dass er mitten in einem Wohngebiet anhalten ließ. Ich
stürzte auf einen Wohnblock zu, klingelte und berief mich auf mein Grundrecht die Toilette zu
benutzen. Der Wohnungsinhaber lachte schallend, ließ mich aber dann doch rein.
Auf diesem Festival waren wir als dritte Band dran. Nach uns kam die Band von Deep Purple-
Sänger David Coverdale. Nachdem wir zwei Zugaben gegeben hatten, gingen wir von der Bühne
und David fing an zu spielen. Während seiner ersten beiden Songs schrie das Publikum immer noch
nach uns. In der Garderobe hatte ich dann ein sonderbares Erlebnis. Meine Mitmusiker schauten
sich Coverdale an und ich zog mich gerade um, als jemand zur Tür herein kam. Es war Joe Cocker,
der mich fragte, ob ich etwas zu trinken für ihn hätte. Ich gab ihm eine Flasche Bier, die er fast auf
einmal leer trank. Dann verschwand er wieder.
Als er seinen Auftritt hatte, stand ich im Backstage-Bereich und beobachtete, dass Joe Cocker nach
jedem Song von der Bühne wollte, um sich etwas zu trinken zu holen. Die Roadies schubsten ihn
zurück und er machte weiter. Er war zwar stockbesoffenen, aber da er sowieso immer sehr
sonderbare Bewegungen beim Singen machte, fiel das keinem auf, denn sein Gesang war
einwandfrei. In so einem Zustand hätte ich keinen Ton mehr herausgebracht.
Am Ende des Jahres gingen wir gemeinsam mit Ex-Scorpions-Gitarrist Uli Roth und Accept auf
Deutschlandtournee. In Dortmund hörte uns Peter Rüchel vom Rockpalast und sagte spontan: “Ihr
seid noch mal dran!”
1979 Rockpalast
Das Jahr ging in die Annalen der Geschichte als der Katastrophenwinter 78/79 ein. Wir waren
tagelang so eingeschneit, dass wir das Haus nicht verlassen konnten. Erst nach Wochen konnten wir
wieder ein Auto benutzen. Davor mussten wir zu Fuß zu Potberg unserem kleinen Laden gehen,
wenn wir etwas kaufen wollten.
Im Sommer spielten wir wieder auf etlichen Festivals. Auf einem der Gigs habe ich erlebt, wie fair
ein anderer Musiker sein kann. Wir spielten zusammen mit mehreren Bands irgendwo in
Norddeutschland. Vor uns spielte Barbara Schenker, die Schwester der Scorpions Gitarristen
Michael und Rudolf. Sie spielte eine Hammond wie ich, war aber nicht sehr virtuos. Ihr Equipment
wurde nach unten geschafft und unseres nach vorne auf die Bühne. Nachdem wir etwa 20 Minuten
gespielt hatten, fiel plötzlich meine Hammond aus. Barbara, die neben der Bühne stand und ganz
genau beobachtete, wie ich spielte, rief sofort ihre Roadies zu sich. Die schleppten ihre Hammond
rauf und meine runter und ich konnte den Gig mit ihrem Equipment zu Ende spielen.
Dann hatten wir einen Auftritt in Wien. Mittlerweile arbeiteten wir mit eine PA Firma aus Paderborn
zusammen. Wir holten die PA und einen Mitarbeiter ab und fuhren nach München, wo wir einen
Auftritt im Olympiastadion hatten. Da der zweite Roadie auch keinen Führerschein besaß, erklärte
ich mich bereit, den Truck mit den beiden Roadies nach Wien zu fahren. Wir spielten dort mit zwei
örtlichen Bands, Mike Krüger und Krokus, einer angesagten Schweizer Band. Die PA und das Licht
wurde von uns gestellt. Und dann nahm das Unglück seinen Lauf.