Page 38 - Michaels_Buch Februar_neu
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empfahl ihm einen Urlaub an der Nordsee, da die salzhaltige Luft gut für ihn sei. Astrid und Papa
            fuhren für drei Wochen nach Cuxhaven. Die salzhaltige Luft tat ihm so gut, dass er beschloss, das
            Haus in Ramstein zu verkaufen und an die Nordsee zu ziehen. Er kaufte ein Haus in Drochtersen
            und ließ das Leben in der Pfalz hinter sich. Dann passierte wieder etwas sehr Unerfreuliches für
            mich. 1976 gab es die große Sturmflut, die auch Drochtersen erwischt hatte. Das gesamte Haus
            meines Vaters war überschwemmt und viele Sachen wurden fortgespült. So auch alle Dias aus
            unserer Kindheit, die wir in Unmengen besaßen und die ich, als ich als Kind krank war, in
            mühsamer Kleinarbeit geordnet und archiviert hatte. Jetzt besitze ich nur noch ganz wenige Bilder,
            den Rest hat die Nordsee verschlungen.

            Nachdem ich in die Wohnung nach Oberricklingen gezogen war, hatte ich Platz, um Freunde aus
            der Pfalz zu beherbergen. In der ersten Zeit war ständig jemand zu Besuch. Wenn ich nicht in
            Bremerhaven bei der Band war, feierten wir viele schöne Partys. Mein blinder Freund Gregor war
            dabei und erzählte mir, dass die Besuche in Hannover für ihn die Höhepunkte des Jahres seien.

            Regina wohnte nur drei Straßen weiter bei Ihren Eltern. Abends war sie bei mir und anschließend
            brachte ich sie nach Hause. Ich erinnere mich noch genau an den Abend, der wieder mal einen
            wichtigen Punkt in meinem Leben markierte. Es war ein heißer Sommertag und die Leute hatten
            ihre Fenster weit aufgerissen. Auf dem Rückweg hörte ich immer wieder sonderbare Geräusche
            unisono aus allen Häusern. Es gab Aufstöhnen, Jubelschreie und wütendes Gelärm, aber ich konnte
            mir darauf keinen Reim machen.

            Zuhause angekommen schaltete ich den Fernseher an. Zu der Zeit hatten wir nur drei Programme
            ARD, ZDF und ein DDR-Programm. Auf ZDF und dem DDR-Sender kam nichts Interessantes,
            aber in der ARD lief ein Fußballspiel und ich verstand nun die Geräusche, die ich auf dem
            Heimweg gehört hatte. Es spielte eine deutsche Mannschaft gegen eine englische. Da Fußball ja ein
            recht einfach zu verstehendes Spiel ist, schaute ich interessiert zu. Es fielen reichlich Tore immer
            mal für die einen mal die die anderen. Ich fieberte für die deutsche Mannschaft mit. Dann ging es in
            die Verlängerung und ins Elfmeterschießen, das schließlich die Engländer gewonnen hatten. Ich war
            vor Aufregung schweißgebadet.

            Das war eines der aufregendsten Events, die ich beim Fernsehschauen erlebt hatte und ich fragte
            mich, warum ich diese Leidenschaft nicht schon früher bemerkt hatte. Am nächsten Morgen kaufte
            ich mir einen Kicker und beschloss Fan einer Bundesligamannschaft zu werden. Obwohl ich aus der
            Nähe von Kaiserslautern komme und in Hannover wohnte, entschied ich mich instinktiv Fan des FC
            Bayern München zu werden. Ich hatte kurz mit dem Hamburger SV geliebäugelt, aber mich dann
            doch anders entschieden. Gottseidank muss ich heute sagen, denn dadurch ist mir viel Leid erspart
            geblieben.

            Als Regina 18 Jahre alt war, beschlossen wir zu heiraten. Ihre Eltern waren natürlich nicht
            begeistert aber fügten sich letztendlich. Wir heirateten im Standesamt Hannover. Gregor war mein
            Trauzeuge und es wurde eine sehr lange Nacht. Direkt danach bezogen Regina und ich eine Vier
            Zimmer Wohnung in Jeinsen bei Pattensen in einer ländlichen Umgebung. Regina hatte von ihrer
            Mutter richtig gut kochen gelernt und verwöhnte mich nun mit leckerem Essen. Ihre kalten Platten
            am Abend blieben nicht ohne Wirkung, denn ich begann zuzunehmen. Es war noch nicht
            dramatisch, aber ein paar Pölsterchen entwickelten sich.

            Wir spielten immer noch am Wochenende in verschiedenen Diskotheken, oftmals auch zusammen
            mit großen Topacts. Mit den Mädels von Pussycat teilten wir uns eine Garderobe und mit Bonney
            M spielten wir in Bevern. Aber am interessantesten für mich war unser Auftritt mit Colosseum. Wir
            machten gemeinsam Soundcheck und ich konnte mit Gary Moore und Don Airey zusammen
            jammen.
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