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1982 Der Betrug

            Das Jahr fing nicht gut für uns an. Die Mönche brauchten das Holzhaus selbst und kündigten uns.
            Franz und ich wollten von Hildesheim weg, aber Peer war dort aufgewachsen und für ihn kam ein
            Ortswechsel nicht in Frage. Wir beschlossen, uns zu trennen. Wir teilten das Equipment auf und
            suchten neue Räumlichkeiten in Langenhagen. Wir wurden auch schnell fündig und mieteten einen
            ehemaligen Stall mit einem Heuboden in Langenhagen-Kaltenweide. Auf dem Heuboden war ein
            Zimmer ausgebaut, alles andere war noch im Originalzustand.
            Franz und ich stürzten uns mit Feuereifer in die Arbeit. Unsere Schwester kam nach ein paar Tagen
            ebenfalls dazu und half kräftig mit. Wir befassten uns zum ersten Mal mit Maurerarbeiten und
            mauerten Fenster und Türen zu. Dann verlegten wir Teppiche und dämmten die Wände im
            Aufnahmeraum. Den Regieraum gestalteten wir mit Holzschwarten in einem rustikalen Stil. Nach
            einem Monat waren wir fertig und konnten mit unserem Equipment einziehen. Wir nannten das
            Studio Good Time Studio. In Musikerzeitschriften schalteten wir Anzeigen und feierten mit vielen
            Hannoverschen Musikern eine rauschende Einweihungsparty.


            Angelika, Christian und ich sind ebenfalls nach Langenhagen gezogen. Wir wohnten in einer Zwei
            Zimmer Wohnung im Haselweg in Godshorn. In der Zeit hatte ich immer mal wieder Kontakt mit
            Ole und Rita. Sie litten sehr unter Ritas Mann, denn der war enorm eifersüchtig und machte ihnen
            das Leben zur Hölle. Da bekam Rita ein Jobangebot aus Schaffhausen. Kurz entschlossen nahm sie
            es an und zog dorthin. Etwas später sollte Ole nachkommen. Bevor er losfuhr kam er bei mir vorbei
            und lieh sich 200 DM. Er wollte sie mir bald zurück geben. Drei Monate später standen sie wieder
            bei uns vor der Tür. Sie hatten sich in Süddeutschland nicht wohl gefühlt und kamen mit der
            Mentalität überhaupt nicht zurecht. Sie fragten, ob sie ein paar Tage bei uns bleiben konnten, bis sie
            eine Wohnung gefunden hätten.

            Wir willigten ein und aus den paar Tagen wurden zwei Monate. Vier Erwachsene und ein Baby in
            einer Zwei Zimmer Wohnung ist auf Dauer die Hölle und wir sehnten den Tag herbei, an dem wir
            endlich wieder allein sein würden. Und dann war es soweit. Sie hatten eine Wohnung gefunden.
            Rita war schon mit ihren Sachen in der Wohnung und Ole packte gerade seinen Kram ein. Ich fragte
            ihn, wann er mir nun die 200 DM zurückgeben wollte. Er lachte und meinte: „Wenn Du so dumm
            bist, mir Geld zu leihen, darfst Du Dich nicht wundern, wenn Du es nie zurückbekommst“. Ich war
            wie vor den Kopf geschlagen und stand noch mit offenem Mund da, als er bereits zur Tür raus war.
            Ich habe nur ganz wenig richtig schlechte Menschen in meinem Leben kennen gelernt, aber Ole ist
            einer davon.

            Wir blieben nur sechs Monate im Haselweg, denn dann bot sich eine Gelegenheit, die wir uns nicht
            entgehen lassen konnten. Zwei Häuser neben unserem Studio war eine Vier Zimmer Wohnung frei
            geworden und wir zogen ein. Wir wohnten nun im Mühlenweg im ersten Stock. Uns gegenüber
            wohnte Familie Neumann, unter uns Maja und Dietmar und denen gegenüber lebten Ellen und
            Winfried mit ihrer Tochter Melanie. Besonders mit Maja und Dietmar freundeten wir uns an.
            Dietmar arbeitete bei der Reemtsma und Maja im Duty-Free Shop am Flughafen. Maja brachte mir
            öfter Duftproben mit. Bis dahin hatte ich einfach das Eau de Toilette benutzt, das gerade da war,
            aber dann gab mir Maja eine Probe Kouros von Yves Saint Laurent und ich war begeistert. Bis
            heute benutze ich nur Kouros.

            Bei uns gingen nun die Bands im Studio ein und aus. Es war die Zeit der Neuen Deutschen Welle,
            bei der teilweise sehr minimalistische musikalische Kenntnisse vonnöten waren. Dementsprechend
            viele Bands gab es, die alle gute Aufnahmen brauchten. Mit Kassettenrekorder im Übungsraum
            aufgenommenem Material konnte man bei Plattenfirmen und Veranstaltern nichts erreichen. Der
            Sound musste stimmen und den bekam man nur im Studio.


            Zu der Zeit wurde Aerobic durch Jane Fonda und Sydne Rome weltweit bekannt gemacht. Angelika
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