Page 55 - Michaels_Buch Februar_neu
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konnten.


            Slatan, den ich mit Unique aufgenommen hatte, war einer der besten Musiker und Komponisten,
            mit denen ich jemals zusammengearbeitet habe. Er schrieb ständig neue Songs und spielte fast alle
            Instrumente sowie den Gesang selbst ein. Ich stellte ihm das Studio kostenfrei zur Verfügung und er
            nutze jede freie Minute zum Proben und für Aufnahmen. Wir kamen gut miteinander aus und
            gründeten sogar kurzfristig ein Duo, das aber nicht lange hielt. Maja, die unter uns wohnte, hat die
            Bandphotos gemacht, wir hatten einen Auftritt in der medizinischen Hochschule, das wars dann
            aber auch schon, denn Slatan hatte so viele Projekte, dass er einfach keine Zeit mehr für unsere
            Band fand.

            Allan war auch immer mal wieder im Studio, hat Tonaufnahmen gemacht und später von mir seine
            Videos produzieren lassen. Ich habe weit über 10 Jahre immer wieder mit ihm zusammengearbeitet.

            Markus war nun täglich da und unterhielt die Bands mit lustigen Anekdoten. Er war so beliebt, dass
            einige Musiker nur seinetwegen kamen. Und dann begann der Anfang vom Ende. Die Industrie
            stellte bezahlbare Mehrspur-Homerekorder her, so dass die kleineren Bands, die in erster Linie
            unser Kundschaft ausmachten, ihre Aufnahmen selbst machen konnten. Es wurde finanziell immer
            enger und ich musste mich beim Arbeitsamt arbeitssuchend melden.


            Am 8. August ging ich zum Hanomaggelände in Hannover. Dort befand sich das Arbeitsamt
            damals. Ich meldete mich bei einem Herrn Seifert. Als er mitbekam, dass ich Tontechniker war,
            huschte ein Lächeln über sein Gesicht. Er hatte einen Job für mich. Die PolyGram suchte einen
            Tontechniker und ich sollte mich am nächsten Tag bei Herrn Riemer melden. Es ginge um CD-Tape
            Mastering.


            Ich war baff. Bis dahin hatte ich noch nichts von CDs gehört und rief bei Simon an. Der erklärte
            mir, dass es sich um kleine silberne Scheiben handele, die die neuste Entwicklung am Musikmarkt
            darstellten. Am nächsten Morgen saß ich Herrn Riemer in seinem Büro gegenüber. Ich war natürlich
            sehr nervös, denn von so einer Anstellung hing für mich eine ganze Menge ab, schließlich musste
            ich meine kleine Familie ernähren. Doch meine Nervosität war unbegründet, denn Herr Riemer war
            hocherfreut, dass ich Tontechniker war und stellte mich sofort ein. Ich sollte am nächsten Tag
            anfangen. Ich war froh, denn nun hatte ich erst einmal keine Geldsorgen mehr. Es war zwar nur eine
            Einstellung für zwei Monate und auch nur sechs Stunden am Tag, aber ich sah es als Einstieg.

            Am nächsten Tag stand ich pünktlich um 8 Uhr auf der Matte. Mit mir starteten noch Albert, Uwe
            und ein etwas zwielichtiger Typ namens Körber. Wir wurden vier erfahrenen Mitarbeitern zugeteilt,
            die uns in die Arbeit einweisen sollten. So lernte ich Hera kennen.

            Sie nahm mich mit in CD 1, so hieß ihr Studio. Dort fragte sie mich erst einmal aus. Als sie erfuhr,
            dass ich Tontechniker war, merkte ich, dass sie das irgendwie störte. Sie zeigte mir, wie man
            Analogbänder auf eine U-Matic-Maschine übertrug, dann das übertragene Material masterte und die
            PQ-Daten darauf speicherte. Die PQ-Daten zeigen dem CD-Player, wo ein Stück anfängt und wo es
            endet. Das waren jetzt keine großen Sachen für mich, denn mit solchen tontechnischen Arbeiten
            hatte ich reichlich Erfahrung und konnte nach einem Tag schon selbständig arbeiten. Bei meinen
            drei Mitstreitern lief das Ganze nicht so einfach ab. Sie waren Elektrotechniker und hatten noch nie
            etwas mit Musikbearbeitung zu tun gehabt. Sie brauchten zwei Wochen Einarbeitungszeit, bis sie
            endlich allein arbeiten konnten.

            Da die CD einen enormen Boom verbuchte, gab es einen riesigen Überhang an Material, das
            bearbeitet werden musste. Deshalb rief mich Herr Riemer nach meinem ersten Tag zu sich ins Büro
            und fragte, wie lange ich noch für die Einarbeitung brauchte. Als ich ihm sagte, dass ich alles drauf
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