Page 69 - Michaels_Buch Februar_neu
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etwas gewöhnungsbedürftig Herzilein und Schneewalzer zu spielen, aber letztendlich arrangierte
            ich mich damit.



            1991 Ungewollt und doch geliebt Part 2
            Schon wieder hatte eine Verhütungsmethode nicht geklappt. Nach der Pleite mit der chemischen
            Keule hatte Angelikas Frauenarzt eine hundertprozentig sichere Methode angepriesen. Ihr wurde
            eine Spirale eingesetzt, die eine Befruchtung unmöglich machen sollte. Meine Spermien haben zwar
            etwas Zeit gebraucht, aber dann hatten sie den Bogen raus und das blöde Ding überlistet. Wir hatten
            einen ersten Termin beim Frauenarzt, in dem er uns schuldbewusst mitteilte, das wir ohne Probleme
            abtreiben könnten. Ich fragte ihn, ob der Fötus durch die Spirale geschädigt werden könnte, das
            verneinte er. Er meinte, dass die Überlebenschance bei etwa 10% läge und das auch nur wenn
            Angelika sich schonen würde. Wenn das Kind aber die neun Monate überleben würde, blieben
            keine Behinderungen zurück. Angelika müsse viel liegen und dürfe auf keinen Fall irgendwelche
            Hausarbeiten machen. Wir beschlossen, dem Kind eine Chance zu geben.

            Die Krankenkasse zahlte uns eine Haushaltshilfe, die in den nächsten Monaten den Haushalt
            machte, kochte und sich um die drei Kinder kümmerte. Angelika lag ruhig im Bett und wir hofften,
            dass alles gut gehen würde. Und es ging gut. Am 22. Januar wurde Philip geboren.

            Das war die verrückteste Geburt von allen. Angelika hatte starke Wehen und rief immer wieder,
            „Ich will nicht mehr!“ Die Hebamme war eine sehr resolute Frau, die ihr mit den Worten Paroli bot
            „Sie haben doch schon drei Kinder, wissen also wie es geht, nun stellen sie sich nicht so an,
            pressen, pressen!“. Schließlich flutschte Philip raus. Er fing gleich an wie wild zu brüllen und
            wollte gar nicht aufhören.

            Da wir mit Christian und Hanna zwei ganz ruhige Babys und mit Andi einen Schreihals hatten, lag
            es nahe, dass vielleicht wieder ein ruhiges Baby angekommen sein könnte. Denkste, Philip hat
            selbst Andi in den Schatten gestellt und neun Monate durch gebrüllt.

            In der Firma wurde ich eine Woche später überrascht. Die ganze Belegschaft hatte zusammengelegt
            und einen Buggy gekauft. Ich war richtig gerührt und hab natürlich für alle einen ausgegeben.

            Dann kam wieder mal Herr Riemer in mein Studio. Er teilte mir mit, dass Frau Kuttner demnächst
            in den Ruhestand gehen würde, und da mein Film für Herrn Grimme so gut angekommen sei, sollte
            es auch einen Film für Frau Kuttner geben. Ich war ab sofort frei gestellt und sollte mir Gedanken
            darüber machen. Ich hatte auch schnell ein paar Ideen und machte mich an die Arbeit.

            Frau Kuttner war in der Bandkopiererei und stelle Master für Musikkassetten her. Sie hatte ein
            Studio ganz für sich allein und hielt penibel Ordnung. Während sich bei uns Tag und Spätschicht
            ein Studio teilten, betrat nie jemand Frau Kuttners Studio, wenn sie nicht da war. Für den Film hatte
            ich mir einen Gag ausgedacht, zu dem wir in Frau Kuttners Studio mehrere Stunden drehen
            mussten. Simon sollte es laut Drehbuch verwüsten, und wir gaben uns richtig Mühe. Wir achteten
            sehr genau darauf, dass alles danach wieder so stand, wie wir es vorgefunden hatten, aber
            offensichtlich waren wir nicht gründlich genug.


            Am nächsten Morgen ging Frau Kuttner aufgebracht zu Herrn Riemer und erzählte ihm, dass
            jemand in ihrem Studio gewesen sei. Sie machte einen fürchterlichen Aufriss und verlangte, dass
            der Schuldige gefunden werden müsse. Herr Riemer, der natürlich eingeweiht war, hatte alle Hände
            voll zu tun, sie zu beruhigen.

            Als der Film fertig war und der Tag der Verabschiedung kam, gab es wieder eine kleine Feier. Sie
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