Page 73 - Michaels_Buch Februar_neu
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Donalds Restaurant. Wir gingen hinein und fühlten uns wie zuhause. Nur die Beschriftung der
            Speisetafeln war chinesisch, aber sogar die Fotos waren die gleichen wie bei uns.

            Von meinem Hotelzimmer aus schaute ich auf einen Fluss. Der war so schwarz, als würde dort Teer
            fließen. Offensichtlich hatte man eine ganze Menge Abwässer hineingeleitet. Das hat aber in China
            keinen gestört, denn Umweltbewusstsein war da noch überhaupt nicht vorhanden.

            In meiner letzten Woche luden mich Lilly und Elton zu einem Essen in ein feudales Restaurant ein.
            Man hatte mir zuvor gesagt, dass das eine hohe Auszeichnung wäre und ein Zeichen dafür, dass ich
            bei den beiden sehr gut angekommen sei. Sie gaben für dieses Essen ein halbes Monatsgehalt aus.
            Ich durfte auf keinen Fall eins des mehrgängigen Menüs auslassen, auch wenn es für mich ekelig
            sein sollte. Die ersten Gänge waren toll und insgesamt hat es richtig gut geschmeckt und als mir
            Hühnerkrallen als besondere Leckerei zum Abnagen gereicht wurden, habe ich sie ohne mit der
            Wimper zu zucken gegessen und innerlich gesagt: „Danke Mama, dass Du mich gezwungen hast,
            alles zu essen.“


            Und dann war der Tag des Abschieds gekommen. Lilly, Elton und ich standen am Bahnhof, es hat
            geregnet, Lilly hatte Tränen in den Augen und gesagt: „Der Himmel weint, weil Du gehst.“ Das war
            das Letzte, was ich von ihr gehört habe.


            Mit der Tanzmusik lief es bald richtig gut an. Wir spielten fast jedes Wochenende und die Band
            wurde immer besser. Der Höhepunkt war der Opernball. Wir spielten zwar nur im Foyer, aber für
            uns war das schon eine tolle Sache. Dann bekamen wir von der Firma Peisker, die die Schützenfeste
            ausrichtete, eine ganze Reihe an Gigs, die jeweils von Freitag bis Sonntag gingen. Das war zwar
            eine Knochenarbeit, brachte aber gutes Geld.


            Eine Prüfungskommission hatte festgestellt, dass in unserem Hochhaus in der Firma Asbest verbaut
            war. Es rentierte sich offenbar nicht, es zu sanieren und deshalb wurde von der Geschäftsleitung
            beschlossen, dass wir hinter der Firma auf einem Brachgelände ein neues Gebäude nur für die
            Tontechnik und das Bandarchiv bekommen sollten. Herr Riemer gab mir den Auftrag, den
            kompletten Bau mit der Kamera zu begleiten. Ich war jeden Tag auf der Baustelle und hab fleißig
            gedreht.


            Nach sechs Monaten stand das neue Gebäude. Es sollte nach dem Erfinder der Schallplatte „Emil
            Berliner Haus“ heißen und wir konnten umziehen. Herr Riemer übertrug El die Leitung des
            Umzugs und der machte sich gleich ans Werk. Es dauerte vier Wochen, dann hatten wir uns im
            neuen Gebäude eingerichtet.

            In Hongkong hatte ich zum ersten Mal Leute auf der Straße gesehen, die telefonierten. Dort waren
            Handys schon gang und gäbe und auch bei uns kamen sie langsam in Mode. Uwe und ich holten
            uns einen Partnervertrag und bekamen bald zwei Handys geliefert. Ich weiß noch ganz genau, wo
            ich zum ersten Mal von unterwegs zu Hause angerufen habe. Es war ein erhebendes Gefühl, jetzt
            immer erreichbar zu sein.

            1993 Fast ertappt

            Unsere Wohnung im Mühlenweg war für eine Familie mit vier Kindern etwas zu klein geworden
            und wir suchten ein ganzes Haus. In Krähenwinkel wurden wir fündig und haben ein
            Reihenendhaus gemietet. Das hatte drei Stockwerke und einen Keller, den wir gleich als erstes
            ausbauten. Hanna und Christian halfen dabei kräftig mit. Wir benutzen Dachlatten und Profilholz.
            Ich sägte alles zu und befestigte die Latten mit Dübeln an den Wänden. Hanna und Christian hatten
            jeder einen Akkuschrauber und schraubten Profilbretter an die Wand. So machten wir nach und
            nach jeden Raum fertig. Als das getan war, verlegten wir Teppichboden und hatten nun einen
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