Page 292 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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280                        Raoul ßichter.

      Xo^etTai)!).  j)as nämliche Bild bieten uns für die Schwankungen in
      der Annahme von absoluten "Werthen die ethischen Partien in den
      gegen die Dogmatiker gerichteten Büchern.   Math. XI, 18/19 wird
      von vornherein der Sinn festgelegt, in welchem die Skepsis von dem
      Dasein  (elvat) der  sittlichen Werthe redet;  nämlich  nicht  als von
      einem realen Vorhandensein   (uTcap^^etv), sondern nur  als von einem
      Erscheinen 2) : denn über die absolute Natur der  sittlichen Werthe
      (iiepl  X7]c,  irpo?  TYjV  cpuotv  uTcoaTaaea)?)  herrsche  viel  Streit  mit den
      Dogmatikern.   Die Existenzfrage wird hier  also mit einem Frage-
      zeichen  versehen.  Die  nämliche  Auffassung  waltet auch  in dem
                                dass nichts an sich gut sei (zu ergänzen:
      langen Beweis dafür ob 3),
      von den Dingen,   die wir dafür halten).  Denn der G-edankengang
      lässt nur  auf  die Unerkennbarkeit der Werthe an      sich,  nicht
      auf die Negation derselben schließen.  Drei Nerven laufen in dieser
      Beweisführung zusammen:   a) was an sich gut  ist, muss für Alle ein
      Gut sein; nun gibt es nichts, was Allen als ein Gut erschiene; also
      ist nichts  (zu ergänzen: von dem, was den Menschen   als  ein Gut
      erscheint) an sich gut 4).  b)  Alles, was als Gut angesehen wird, als
      Gut an sich anzusprechen,  ist, wegen der contradictorischen Eigen-
      schaften,  die man dann auf das Absolut-Gute häufen würde, un-
      möglich^),  c) Wollte man aber die Werthung eines Einzelnen dem
      Guten an sich gleichsetzen,  so besitzt man kein Kriterium, zu ent-
      scheiden, wessen Werthung sich mit dem absoluten Werth deckt.
      Denn durch Evidenz (welche nicht besteht) kann hier nicht entschieden
      werden; durch logische Erwägungen aber auch nicht (wegen der be-
                                                                     Es
      kannten skeptischen Einwände gegen das logische Kriterium) ß).
      erhellt, dass der Sinn  aller Argumentationen immer nur gegen die
      Erkenn tniss,  nicht gegen das Dasein absoluter Werthe gerichtet
      ist; allenfalls dürfte man bei dem ersten apagogischen Gedankengang


          1) P. III, 278.
          2) cpaiveoöat hier im Sinne eines unmittelbaren sich Aufdrängens, ohne Rück-
      sicht auf etwaige Dinge an sich gebraucht; vgl. P. I, 135, 198.
         3) Math. XI, 69—78.
         4) Ebenda 69—71. Man bemerke das stets beibehaltene  xt.
         5) Ebenda 72—74.
         6) Ebenda 75—77; der Schluss des Beweises ist bei Sextus etwas verstüm-
      melt, weil der unter  c) angeführte Gredankengang, nicht ohne Glewaltsamkeit, auch
      auf a) zurückgeführt werden soll (78).
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