Page 294 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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282 Raoul Richter.
Unlösbarkeit eines Problems darzutliun. Es wäre also unvorsichtig und
vielleicht trügerisch, negirende Aeußerungen der Skepsis über die
Existenz absoluter Werthe, aus dem Zusammenhang herausgenommen,
für die Leugnung dieser "Werthe in Anspruch zu nehmen. Mag nun
in der That aus diesem Grunde eine im Stillen vollzogene Ab-
schwächung der skeptischen Behauptungen hier am Platze sein, so
darf doch nicht vergessen werden, dass Sextus in den ethischen
Partien die Existenz der sittHchen Werthe nirgends in dieser anti-
thetischen Weise behandelt und erst das Für, dann das Wider ent-
faltet, um aus der Isosthenie dann die Epoche zu folgern. Wäre
es seine Absicht gewesen, die negirenden Stellen als »Gegeninstanzen«
zu behandeln, so hätte er uns nicht darüber im Zweifel gelassen, so
wenig wie er uns in der Frage nach dem Dasein der Oausalität oder der
Götter in Zweifel darüber gelassen hati). Diesen negativ-dogmatischen
Behauptungen über die absoluten Werthe wären etwa Aeußerungen
zuzurechnen wie: »die Nichtexistenz des Guten und Schlechten haben
wir vorher (sc. durch den Widerspruch in den ethischen Werthbestim-
mungen) bewiesen« 2). Eben dahin würden auch alle diejenigen Stellen
gehören, an denen durch die Vorausstellung des eott, dem Geist der
griechischen Sprache gemäß, die oft wiederkehrende Wendung oux
iazt Ti cpüost a.^(a.Q6v nicht durch: »nichts ist gut an sich« sondern
durch: »es gibt nichts Gutes an sich« wiedergegeben werden müsste;
vor allem dort, wo dieser Sinn noch durch ein zu dem eon hinzu-
tretendes 5X(s)i bekräftigt wird 3), Deutlicher aber erhellt die gesuchte
Auffassung da, wo nicht Behauptungen, sondern Gründe die Existenz
von Werthen »an sich« auszuschließen zwingen. Die bemerkens-
werthesten Passagen in dieser Beziehung bringt die Analyse des Be-
griffes eines um seiner selbst willen, d. h. an sich Erstrebenswerthen'*).
Hier erreicht die antike Skepsis in der Ethik ihre weiteste Entfernung
von den naiv-realistischen Voraussetzungen, ähnlich wie dies in der
Theorie der sinnlichen Wahrnehmung in dem Apergu der Fall ge-
wesen war, dass durch eine einzige Qualität des Objects die Mannig-
1) Math. IX, 60 ff., 195 ff.
2) Math. XL 185: xa oe d-^a^a. xai /.av.a Trpoxepov dSelSafJiev dvuTtapxta.
3) P. m, 190.
Math. XI, 78-«9.
4) P. m, 184 ff.