Page 512 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
P. 512

500                       Wilhelm Wirth.

        ihres Einflusses auf die sonstige Yertheilung des Bewusstseins noth-
        wendig wäre.  Existirt aber nun in der That so etwas wie eine relativ
        constante Grröße, welche bei der verschiedenartigen Vertheilung auf
        wechselnde Inhaltscombinationen eine gesetzmäßige Veränderung der
        einzelnen Klarheitsgrade  feststellen  lässt,  so muss diese Kegel
        auch schon bei einer ausschließlichen Variation der Vor-
        stellungsgruppirungen so rein als möglich erkennbar sein,
        wenn man nur die Gefühlslage so constant erhält,   als es eine ver-
        schiedene Vertheilung der Aufmerksamkeit bei gleichem Interesse für
        die Versuche, bei gleicher innerer Anspannung und Grleichwerthigkeit
        der dargebotenen Einzelobjecte nur immer zulässt.  Könnten die Ge-
        fühle für unsere Concurrenzfrage völHg aus dem Spiel bleiben, dann
        wäre diese Constanz der Gefühle wenigstens kein Schaden.  Wirken
        sie aber in dem vorhin als möglich angedeuteten Sinne mit, so kann
        doch dieses,  in seiner Größe unbekannte, aber  als constant zu be-
        trachtende Glied die Constanz des Ganzen   in seinen verschiedenen
        Vertheilungen nicht verkennen lassen.  So werden also von dieser
        Seite eigentlich nur die nämlichen Versuchsbedingungen von neuem
        empfohlen,  welche  als  gleichartige Gemüthslage und bestimmt ge-
        richtete und angestrengte Aufmerksamkeit von jeher bei den psycho-
        physischen Messungen gefordert wurden, eine Uebereinstimmung, die
        um so   selbstverständlicher erscheinen wird,  je mehr sich weiterhin
        die psychologischen Begriffe aus der Psychophysik in ihrem engen
        Zusammenhange    mit  unserer allgemeinen Frage  darstellen werden

         (vgl. Cap. 4).
            4) Die Frage der Constanz des Umfanges.             Schließlich
        ist  bei diesen Untersuchungen  natürlich auch  die Möglichkeit
        einer Schwankung des Umfanges für bewusste Inhalte zu be-
        rücksichtigen, bezw. zunächst zur Erreichung eines constanten Aus-
        gangspunktes möglichst auszuschließen.  Dass  die klarere Region je
        nach der allgemeinen Frische oder Ermüdung eine verschiedene Aus-
        dehnung zeigt,  ist ja  allerdings kein unmittelbarer Beweis für  die
        Inconstanz des gesammten Umfanges, insofern ja niemals eine gleich-
        zeitige Erweiterung der unklareren Regionen (ohne Erhöhung deren
        mittleren Klarheit) mit Sicherheit verneint werden kann^).  Indessen

            1) Vgl. Lipps, Grundthatsachen des Seelenlebens, S. 164 f.
   507   508   509   510   511   512   513   514   515   516   517