Page 513 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Zur Theorie des Bewusstseinsumfanges und seiner Messung.
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würde auch eine sokhe Verlegung der »Bewusstheit« in die unklare
Region einer weiteren den bisherigen Ausführungen entsprechenden
Hauptforderung für die Auswahl derVersuchsbedingungen zuwiderlaufen,
dass auch die unklare Region, die ebenso wenig mit den weiter
unten behandelten indirecten Methoden jemals vöUig controUirbar ist,
in ihrem Anspruch an das Bewusstsein möglichst constant ge-
halten werden muss. Glückhcherweise ist aber zunächst das Yer-
suchsergebniss bei Wiederholung der nämlichen bezw. gleichwerthiger
Vorstellungscomplexe ein objectiver Maßstab für eine solche Incon-
stanz. Und insofern eine Bestimmung dieses Wechsels der Klarheits-
vertheilung in pathologischen Fällen besonders für den Psychiater
werthvoU ist, werden alle derartigen Methoden einer objectiven Be-
stimmung auch nach dieser Bünsicht gute Dienste leisten. Dabei ist
freihch eine Methode um so werthvoller, je mehr sie auch eine Ver-
anschlagung des Klarheitsantheiles der weniger beachteten Elemente
möglich macht, weil dann zugleich das analysirbare Feld solcher In-
constanzen erweitert wird. Außerdem besteht aber natürhch auch
ein gewisser subjectiver Maßstab, in dem hier quahtativ nicht näher
zu discutirenden Gesammtgefühl der psychischen Leistungsfähigkeit,
welches dem mittleren Klarheitsgrade entspricht, der bei gleicher An-
strengung erreicht wird. Andererseits kann dieses selbst durch
jene objective Bestimmung controlhert werden.
Da aber nun für exacte Bestimmungen des gesammten simultanen
Bewusstseinsbestandes, wie schon oben erwähnt, die ausschheßhche
Berücksichtigung eines möglichst momentanen Gesammterlebnisses
nothwendig ist, so kommen hier vor allem auch die bekannten perio-
dischen Schwankungen!) der Aufmerksamkeitsconcentration in Be-
tracht, welche zum mindesten die Klarheitsvertheilung für verschiedene
Augenblicke verändern. Ein solcher vom concreten Verlauf in natür-
licherweise abgegrenzter einfacher »Bewusstseinsact«, wie er einer em-
zelnen »Schwankung« entspricht, müsste natürlich vor irgend welcher
künsthchen zeitHchen Abgrenzung des analysirten Erlebnisses berück-
sichtigt werden, da die Vertheilung der Gesammtleistung und die
Auswahl gleichwerthiger Theüe bei noch weitergehender Zeiteinthei-
lung hiervon abhängig sein würde. Jener Rhythmus der Concentration
1) Wundt, Grundriss der Psychologie, 4. Aufl., S. 255.