Page 516 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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504 Wilhelm Wirth.
Wundt'sche Fragestellung u. z. gleich mit gutem Erfolge zu beant-
worten versucht hatte. Ein ruhendes Gesichtsobject wurde für einen
geringen Bruchtheil einer Secunde den Blicken des Beobachters
exponirt, womit u. a. auch eine Bewegung der Augen ausgeschlossen
und ein einheitlicher Wahrnehmungscomplex garantirt war. Ein
Mindestmaß an Dauer ist nun nach dem früher G-esagten für exacte
Umfangsbestimmungen dieser Art gerade fein genug. Anderseits muss
doch auch die Reizdauer einem hinreichend differenzirten Wahr-
nehmungsbestand entsprechen. Denn wo bereits aus peripheren
Grründen der Inhalt auch bei maximaler Aufmerksamkeit schwer
analysirbar ist, wird der ganze Bestand die Schwierigkeiten bereiten,
welche nach den früheren Ausführungen die in jedem Bestand vor-
kommende weniger beachtete Region mit sich bringt. Deshalb ist es
ja auch außerdem für diese directe Methode so wünschenswerth, die
Zahl der concurrirenden Vorstellungsobjecte, auch sofern sie nicht
mehr der vollen Klarheit theilhaftig werden, in die Region des deut-
lichsten Sehens im »peripheren« Sinne hineinzubringen , welche auch
für constante Darbietung bis ca. 3" vom Fixationspunkt entfernt be-
steht. Die von der Zeit der Reizung abhängige Deutlichkeit des
Yorstellungsinhaltes, welche dann je nach Lage des »inneren« Blick-
punktes in größerem und geringerem umfange und Grrade auch im
»centralen« Sinne deutlich sein kann, ist schon von Cattell für das
Schwarz des gewöhnlichen Druckes auf weißem Papier bei Heil-
Adaption bei ca. 10*^ Expositionszeit erreicht, worin also für diesen
speciellen Zweck die günstigste Zeit gegeben erscheint. Die Zeit
des Wahrnehmungsinhaltes ist natürlich viel länger als 10*^, aber doch
wenigstens so kurz, als man sie überhaupt bei gleicher Exactheit des
Bewusstseinsbestandes erhalten kann.
2) Ausschluss von Veränderungen der Klarheitsver-
theilung. — Die G-eschwindigkeit derselben (Aufmerksam-
keitswanderungen). Natürlich sind diese kurzen Zeiten nur dann
nothwendig, wenn man wirklich auf die Erzeugung eines Bestandes
ausgeht, wie er in allen seinen Theilen simultan gegeben sein soll,
also nur bei derartigen Umfangsbestimmungen. Bezieht sich aber
die Fragestellung von vorne herein auf die Analyse eines psychischen
Processes, bei dem es gar nicht auf die Gleichzeitigkeit aller Einzel-