Page 531 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Zar Theorie des Bewusstseinsumfanges und seiner Messung.
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Analyse des Bewusstseinsvorganges
ist jedoch zur Angleichung an
das einfachste Cattell'sche Resultat dann erforderlich, wenn nicht
mehr jene sinnlosen Complexe, sondern geläufige Worte und schließ-
Hch Sätee dargeboten werden.
Schon Cattell selbst hat bekannthch
beobachtet, dass ca. viermal mehr Buchstaben in geläufigen
Zusammenhängen behalten werden, und alle späteren Arbeiten
haben dieses Resultat bestätigt gefunden. Da aber natürlich die
dargebotenen Buchstaben die nämlichen sind, wie früher in den sinn-
losen Complexen, so scheint auf den ersten Blick die bisher fest-
gehaltene Anschauung von der Größe des Umfanges der maximalen
Klarheit für diese Fälle nicht mehr auszureichen. Vor der Annahme
eines principiellen sachlichen Unterschieds kann indessen schon die
einfache Erinnerung an die Möglichkeit warnen, dass wir eben ein
und die nämliche Sache, nämlich den an sich relativ constanten Um-
fang der maximalen Klarheit unter solchen Bedingungen, in beiden
Fällen sozusagen in verschiedenen Einheiten gemessen haben, wie
wenn z. B. eine eindeutig bestimmte räumliche Ausdehnung, etwa eine
Berghöhe, einmal in Metern, das andere Mal in Fuß ausgedrückt
wird. Und in der That wird es sich auch hier nicht viel anders
verhalten, wenn auch gewissermaßen die Aufstellung der Beziehungs-
gleichung nicht ganz einfach ist. Schon Cattell selbst hat eine
solche Angleichung durch den Hinweis darauf vorbereitet, dass die
geläufigen Worte und selbst eben solche Sätze »als Ganzes aufgefasst«
werden. Wenn wir also wieder die Catteirsche Auslegung dessen,
was er eigentlich festgestellt hat, in einen Umfang der maximalen
Klarheit umdeuten, so heißt dies so viel, als dass die Einzelobjecte
mit maximaler Klarheit, die wegen dieses Bewusstseinsgrades auch
festgehalten und wiedergegeben werden, in diesem Falle nicht in den
einzelnen Buchstaben, sondern in den Worten u. s. w. zu sehen sind,
bei deren Zählung die fi-ühere Anzahl aufgefasster Einzelobjecte in
der That auch ungefähr erhalten bleibt. Man muss natürlich auch
auf eine genauere Charakterisirung und eine Abgrenzung der Voraus-
setzungen des Vorganges bedacht sein, der mit jenem vieldeutigen
Begriffe der Auffassung als eines Ganzen gemeint ist. Hierauf be-
ziehen sich bereits die Untersuchungen von Goldscheider und
Müller und am ausführlichsten die theoretischen Betrachtungen von
Erdmann und Dodge, welche das bereits von Goldscheider und