Page 579 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Zur Theorie des Bewusstseiusumfaiiges und seiner Messung.
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artige Unterbrechung der bewussten Perception bezw. Apperception,
beim Uebergang von dem einen auf das andere Vergleichsobject.'
Die Vergleichserlebnisse sind also mitsammt allen ihren »Funda-
menten« specielle Gestaltungen der allgemeinsten Formen des simul-
tanen und successiven Zusammenhanges des Bewusstseinslebens über-
haupt. Soweit das Vergleichsurtheil reicht, soweit sind uns
bewusste Momente gegeben, wenn auch wegen der Besonderheit
dieser Erlebnisse nicht zugleich die Umkehrung des Satzes richtig
sein sollte. Natürlich ist mit diesen Elementen und Merkmalen,
welche in unser Vergleichsbewusstsein eingehen können,, die ganze
Fülle von Vorstellungen und reflectiv betrachteten Gemüthsbewegungen
inbegriffen. Auch jede Stimmung, die Art und Weise, wie uns
Gegenstände >anmuthen«, kann eine bewusste Aehnhchkeit und Ver-
schiedenheit begründen, sofern wir eben wirkhch diese Gefühlssphäre
mit in das Vergleichsobject hineinnehmen.
Eine genauere Behandlung dieser anscheinend selbstverständhchen
Vorfi-age der Phänomenologie des Bewusstseins wäre natürlich Sache
einer besonderen Untersuchung. Hier ist eben nur so ^iel von
Wichtigkeit, dass die Vergleichsresultate nicht etwa einfachste Ge-
fühle oder dergleichen sind, die keineswegs das Fundament der Aehn-
lichkeit in sich schlössen und nur durch eine nachträgliche Deutung
ihren Sinn als Aehnlichkeits- und Verschiedenheitsbewusstsein er-
hielten. Würde doch eine solche Deutung schließlich das Unmög-
liche wenigstens denkbar erscheinen lassen, dass, nach ungenügender
oder irreführender Erfahi-ung, beim Erleben eines thatsächlichen
Aehnlichkeitsbewusstseins an Differenzen zwischen den verglichenen
Gegenständen, bei Verschiedenheitsbewusstsein aber an ein Fort-
bestehen übereinstimmender Merkmale geglaubt wii'd. Alle derartigen
Zurückführungsversuche dürften vielmehr das zu Erklärende wohl
immer bereits voraussetzen.
Daran wird natürlich nichts geändert, wenn man Vorgänge an-
nimmt, welche, ohne selbst Bewusstseinsinhalt zu sein, die that-
sächHchen Bewusstseinserlebnisse bewii-kt haben, und deren hypothe-
tischer Begriff nun aus der Betrachtung der sonstigen psychologischen
und physiologischen Ereignisse noch weiterhin speciahsirt werden
Offenbar kann auch von jedem Vergleichserlebniss aus auf
soll.
derartige, an sich unbewusste Vorgänge geschlossen werden, die