Page 580 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
P. 580
568 Wilhelm "Wirth.
sich zu ihm verhalten, wie sich eben überhaupt solche Vorgänge zu
entsprechenden Bewusstseinsinhalten verhalten. Keinesfalls wird aber
das Fundament der bewussten Aehnlichkeit in dem vorhin definirten
Sinne durch einen ausschließlich unbewussten Vorgang ersetzt werden
können. Denn sobald die zu Bewusstseinscorrelaten befähigten Vor-
gänge an der Erzeugung eines solchen Elementes momentan verhindert
sind, werden in dem Concurrenzkampfe dafür andere von Erfolg be-
gleitet sein. Damit wird aber natürUch auch das Vergleichsbewusstsein
anders ausfallen müssen. Eine solche Veränderung eines Vergleichs-
urtheiles tritt ja schon ein, wenn das entscheidende Element zwar
noch bewusst geworden, aber doch nicht mehr am meisten klar und
beachtet ist. Eine blaue Farbe von bestimmter Nuancirung und
Helligkeit wird einem gleichen Blau von anderer Helligkeit je nach
Beachtung von Farbe oder Helligkeit entweder als gleich, bezw. ähn-
lich oder verschieden erscheinen können. So würde also ein in seinem
Bewusstseinserfolg völlig zurückgebliebener, oder zu einem solchen
seinem Wesen nach unfähiger Vorgang überhaupt nicht in der Lage
sein, beim Vergleichsurtheil irgendwie zur Geltung zu kommen. Wider-
spräche doch auch die Annahme einer solchen Leistung des Un-
bewussten als unmittelbarer Grundlage eines Vergleichsurtheiles der
ganzen methodischen Ableitung des Begriffes eines Unbewussten bei
Allen, welche ihn in dem angedeuteten Sinne verwerthen, wie z. B.
Th. Lipps. Hier ist das Unbewusste stets ein erschlossener Vor-
gang, der zur Vervollständigung des causalen Zusammenhanges hypo-
thetisch nach rein formalen quantitativen und zeitlichen Beziehungen
unter vorläufigem Verzicht auf nähere qualitative Charakterisirung
construirt wird, welch' letztere bei Einfügung in den allgemeinen
Lebenszusammenhang jederzeit so weit als möglich physiologisch
gefasst werden kann. Beim Vergleichsurtheil ist man sich hingegen
keiner Erschließung hypothetischer Gründe des Urtheiles aus irgend
welchen anderen Erlebnissen, sondern eben der ähnlichen oder ver-
schiedenen Merkmale selbst bewusst. Damit erscheint aber nun
auch der letzte Einwand beseitigt, der gegen die Wundt'sche Be-
gründung der Vergleichsmethode zur Feststellung des Bewusstseins-
umfanges erhoben werden könnte.