Page 584 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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572                       Wilhelm Wirth.

     vier bis sechs klar bewussten und sicher erinnerten Haupttheilen jene
     große Zahl von Elementen enthalten  soll.
        Die qualitative Unterschiedslosigkeit der letzten Elemente, welche
     allein das Resultat bei successiver Darbietung auf einen simultanen
     Umfang beziehen lässt, bringt es aber natürlich nun auch mit  sich,
     dass wir schließlich bei jenem successiven Angleichen der simultan
     vorschwebenden Gresammtvorstellung,  z. B. von 40 Tactschlägen, an
     die einzelnen Schläge der  Vergleichsreihe (Yergl. 3, 4) nicht mehr
     charakteristische Einzelelemente  einer Gresammtvorstellung  vor uns
     haben,  die um ihrer besonderen Qualität willen das Vergleichsurtheil
     selbständig beeinflussen könnten.  Wir sind uns nicht bewusst,  ein
     Einzelelement in seiner Eigenart wieder zu erkennen.  Die Angleichung
     muss vielmehr ganz und gar von der gegenseitigen Orientirung der
     weniger klar bewussten Haupttheile ausgehen, die ja unter sich eben
     so wenig  qualitativ charakterisirt sind und  nur  durch  ihr Neben-
     einander in der Gesammtvorstellung eine Art von zeitlichem Lage-
     werth erhalten.  Eine größere Unabhängigkeit der simultan gegebenen
     Einzelelemente in ihrem Einfluss auf das Yergleichsurtheil  ist aber
     auch wieder nur durch die simultane Darbietung eines Wahrnehmungs-
     complexes zu erreichen, der qualitativ individuell charakterisirte Einzel-
     elemente von   der  schon  früher besprochenen  Ai't  (2, 4a)  in  sich
     enthält.  Dabei ist es aber nun vor Allem wichtig, dass der simultane
     Wahrnehmungscomplex, der das Vergleichsurtheil entscheidet, wieder
     von möglichst kurzer Dauer ist.       Denn von qualitativ differen-
     zirten Einzelobjecten lässt sich nur dann mit einiger Sicherheit be-
     haupten, dass im Vergleichsprocess wirkHch nur diejenigen zur Geltung
     gekommen sind, welche sich in einer simultanen Gesammtvorstel-
     lung neben einander befinden, dass also ein discursives Angleichen
      ausgeschlossen  ist,  wie  es  bei  einer länger dauernden Vergleichs-
      vorstellung unter Voraussetzung einer qualitativen Differenzirung der
      Einzelelemente nach den vorigen Ausführungen möglich    ist.  Mit
      diesem Vortheil der momentanen Darbietung des Vergleichsobjectes
      hängt aber dann unmittelbar der zweite zusammen, dass nun sämmt-
      liche EinzelVorstellungen auch nur  mit denjenigen Klarheitsgraden
      auf das Vergleichsurtheil einen Einfluss zu gewinnen vermögen, welche
      sie in diesem Moment gerade besitzen, dass  also auch gewisse Ver-
      schiebungen der Gesammtvertheilung der Klarheit ausgeschlossen sind,
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