Page 585 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Zur Theorie des Bewusstseinsumfanges und seiner Messung.
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welche auch für die successive Angleichung längerer Tactreihen als
»Auflösung« der Haupttacte zugestanden werden mussten.
Das Re-
sultat ist also hier wirklich zugleich ein Ergebniss der simultan vor-
handenen Klarheitsgrade, so dass nun beim Hinzutreten einer weiteren
Analyse auch die Aussicht besteht, diese eindeutige Vertheilung rück-
läufig zu erschHeßen. Unter diesen Voraussetzungen wird sich also
in der That eine verallgemeinerte Vergleichsmethode in dem oben er-
wähnten Sinne ausgestalten lassen.
Das specielle G-ebiet, aus welchem die experimentell dargebotenen
Wahrnehmungen entnommen werden sollen, ist natürlich hier ebenso
gleichgültig, wie bei der Methode der unmittelbaren Wiedergabe
(Cap. 2), wo es sich ebenfalls nur darum handelt, dass man die ex-
acte Abgrenzung des gesammten Bestandes vornehmen könne. Doch
wird vor allem wieder an die Complexe von Gesichtswahmehmungen
zu denken sein, welche sowohl eine einfache individuelle Charakte-
risirung der Einzelobjecte als insbesondere eine hinreichend kurze
Darbietung des Vergleichsobjectes in der tachistoskopischen Ex-
position gestatten. Speciell auf eine solche Vergleichung tachisto-
skopisch dargebotener Complexe ist denn auch bereits von Wundt
als auf eine allgemeine Anwendung der Vergleichsmethode hingewiesen
worden.^) Und die folgenden Darlegungen sollen sich nur noch mit
der Ausgestaltung einer solchen tachistoskopischen Vergleichsmethode
befassen.
2) Unschädlichkeit desG-esammteindruckesbei Unwissent-
lichkeit hinsichtlich des variirten Elementes im Vergleichs-
complex. Natürlich muss liiebei verhütet werden, dass beim Vergleich
mit dem zweiten gleichen oder variirten Complex nur ein Gesammtbild
zur Geltung komme, an welchem das augenbhcklich vorhandene Be-
wusstsein eines Einzelelementes nicht mit seiner qualitativen Eigenart
mitgewirkt zu haben braucht. Wenn freilich ebenso wie bei der rhyth-
mischen Gesammtvorstellung nur regehnäßig gegliederte optische Com-
plexe dargeboten würden , aus denen beim Vergleichsobject im Falle
seiner Verschiedenheit einfach immer an einer ganz bestimmten Stelle,
welche dem zeitlichen Ende der rhytlimischen Reihe entspräche, ein
1) Wundt, a. a. 0., Philos. Studien VI, S. 250 f.