Page 587 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Zur Theorie des Bewusstseinsumfanges und seiner Messung.
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     wiederum durch Verlegung des inneren Blickpuncts in den äußeren.
     Die übrige Vertheilung wird dann u.  s. gl. U. durch die Ausdehnung
     und Eigenart der charakteristischen Wahmehmungsinhalte bestimmt
     sein, in welchen der zu messende Umfang augenblicklich   angelegt
     ist.  Es  handelt  sich  dabei also nur darum, dass wenigstens  für
     gleichwerthige Complexe eme entsprechende Vertheilung durch   die
     Lage des inneren Blickpunktes festgehalten wird.


        3) Die beliebig lange Darbietung des ersten Cpmplexes
     (Urcomplexes) als Voraussetzung zu einer möglichst voll-
     ständigen Messung des       B.-ü. beim Auftreten      des Ver-
     gleichsobjectes. — Beseitigung der Einwände einer ver-
     meintlichen Verfälschung (Vergrößerung)          des thatsäch-
     lichen Werthes.     Ausdrücklich wurde bis jetzt noch gar nichts über
     die Dauer des zunächst dargebotenen Wahrnehmungsbe-
     standes bestimmt, welcher durch die Vergleichung mit dem möghchst
     momentan dargebotenen Vergleichsobject seiner Ausdehnung imd Klar-
     heit nach analysirt werden soll. Es wurde nur gefordert, dass er jeder-
     zeit in der unmittelbaren Wahrnehmung eines simidtan exponirten Reiz-
     complexes bestehen müsse. Dabei ist es ähnhch wie bei der Gesammt-
     vorstellung auf Grund der Tactreihe möghch, dass der zu vergleichende
     Complex vor der momentanen Darbietung des Vergleichsobjectes be-
     reits so und so lange wahrnehmbar gewesen  ist.  Soweit es sich um
     die Feststellung des simultanen Umfanges in möglichster Vollständig-
     keit handelt,  ist diese längere Dauer, bzw. Wiederholung sogar aus-
     drückhch nothwendig.    Auch  hier kommt   es  ja  gerade  auf eme
     möglichst vollständige »Anlegung« des ganzen Bewusstseins in dem
     experimentell dargebotenen Complex an.  Alles, was also im  2. und
     3. Kapitel (2, 10 a und 3, 6) über den Nachtheil der zu kurzen Dauer
     eines  völlig neuen und ungeläufigen Wahmehmungsbestandes und
     den Vortheil einer längeren Exposition  hinsichtlich der Ausnutzung
     des verfügbaren Umfanges gesagt worden    ist,  gilt vor aUem auch
     für diese Bestimmung des Umfanges in möglichster Vollständigkeit.
         Hier voUzieht sich  zugleich  die allmähhche Verarbeitung  eines
                    wiederholt im Ganzen exponirten Wahmehmungsbe-
     dauernd oder
     standes zu einer Gesammtvorstellung  unter  viel  exacteren Bedin-
     gungen, insofern dauernd der experimentell dargebotene Reizcomplex
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