Page 594 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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582                        Wilhelm Wirfch.
      banden, wenn    derselbe dem Beobachter   eine  beliebige  Zeit  lang

      continuirlich dargeboten ist.  Die Rübe und Stetigkeit der allmählichen
      Durchmusterung und der entsprechenden Vertheilung der Aufmerk-
      samkeit wird dann in keiner Weise gestört, so dass auch eine nicht
      zu lange Exposition nothwendig  ist, damit das Bewusstsein des relativ
      klarsten Ueberblickes über den ganzen Complex   zugleich mit einer
      Constanten Aufmerksamkeitsvertheilung  sich  einstellt.  Hier und in
      allen anderen Variationen dieser Versuche muss natürlich  die An-
      ordnung darauf berechnet  sein,  dass  die Auswahl des Zeitpunktes
      für das momentane Auftreten des Vergleichsobjectes ganz der Wahl
      des Beobachters  überlassen  bleibt,  wie  dies auch  in den meisten
      tachistoskopischen Versuchen bisher hinsichtlich des Zeitpunktes der
      einmaligen Exposition überhaupt eingehalten wurde.  Was in diesen
      früheren Versuchen die allmähliche,  in ihrem Zeitverlauf ganz dem
      Beobachter überlassene Concentration  der Aufmerksamkeit auf die
      Stelle des Sehfeldes, an welcher das Object erwartet wurde, für die
      Feststellung des Umfangs der maximalen Klarheit bedeutet, das ist
      hier die allmähliche Verarbeitung des ersten Wahrnehmungscomplexes.
      Auch hier ist der geeignete Moment unter Umständen nach verschieden
      langer Zeit vom Beginn der ersten Exposition an  erreicht, je nach-
      dem augenblicklich die Neugestaltung des Bewusstseinsinhaltes mehr
      oder weniger  angestrengt und geschickt vorgenommen    wird.  Alle
      Vortheile, welche sonst die Beherrschung einer neuen oder momentan
      noch ungewohnten Situation begünstigen, müssen beobachtet werden.
      Trotzdem  ist der vorhin  hinsichtlich der Constanz  seines Inhaltes
      besprochene maximale Enderfolg der sicheren Verarbeitung für das
      Bewusstsein auch so ausdrücklich charakterisirt, dass die vor maximaler
      Uebung  oft recht verschiedene Zeitdauer nicht  als Grund der Un-
      exactheit und Inconstanz betrachtet werden darf, wenn nur schließ-
      lich der Beobachter richtig nach seinem Gefühl die Zeit der Ver-
      gleichung  auswählt.  Selbstverständlich  ermüdet auch  sein  langes,
      ängstliches Hin- und Hersuchen ohne irgend welchen compensiren-
      den Vortheil,  so  dass von einem bestimmten Zeitpunkte an    eine
      Unruhe in der Klarheitsvertheilung mit steigender Ermüdung eintritt,
      worauf  die Vergleichung dann nur umso    sicherer hinausgeschoben
      werden muss.  Eine richtige und zielbewusste Ausnützung der ersten
      Zeit hinreichender Frische mit Rücksicht darauf, dass gleichzeitig im
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