Page 598 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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586                       Wilhelm Wirth.

        Allerdings sind in Uebereinstimmung mit jener nun schon oft er-
     wähnten Regel über die Abhängigkeit von Klarheitsgrad und Merk-
     barkeit die unklaren Elemente am meisten von diesem Verluste be-
     troffen. Um die Einwirkung dieser letzteren auf das Vergleichsurtheil
     handelt  es  sich aber ja hier gerade am meisten, und deshalb ist
     die tachistoskopische Exposition       des Vergleichsobjectes
     möglichst unmittelbar an die Darbietung des ersten Ob-
     jectes heranzurücken.     Aus rein technischen Gründen   ist aller-
     dings auch in den meisten meiner eigenen Versuche  (6, 1), soweit ich
     über dieselben hier einstweilen berichten kann, dieser Zeitabstand zwi-
     schen beiden Vergleichsobjecten immer noch mindestens  V2  See. groß.
     Sobald eben einmal das tachistoskopisch exponirte Vergleichsobject,
     wie früher auf einer unmittelbar vorher und nachher gleichförmigen
     Fläche  (ohne Figuren)  auftritt und infolgedessen den vorigen Aus-
     führungen gemäß  (S. 583) auch die vorhergehende Einübung auf die
     Beherrschung des ersten Complexes in wiederholten Momentan-Unter-
     brechungen der gleichförmigen Fläche  sich vollzieht, wird ohnehin
     ein bestimmter nicht zu schneller Rhythmus der Expositionen   ein-
     gehalten werden müssen.    Von   dieser  Tactfolge  darf  aber dann
     natürlich im  wichtigsten Momente  der Exposition des  Vergleichs-
     objectes erst recht nicht abgewichen werden.
        Eher ließe es sich schon versuchen, beide Complexe dann zeitlich
     so nahe als möglich an einander zu rücken, wenn der erste Complex
     selbst nur einmal tachistoskopisch dargeboten wurde.  In diesem Falle
     ist ja von  vorne  herein  kein besonderer Rhythmus aufgezwungen
     worden, es können sich also die tachistoskopischen Bilder mit sehr
     kurzer Zwischenzeit aneinandersetzen, was durch üebung   leicht zu
     gewöhnen  ist, zumal die rasche Folge im ganzen Versuche nur ein-
     mal vorkommt.    Die Auffassung und   Klarheitsvertheilung wird ja
     nach dem früher Gesagten in diesem Falle beim ersten Objecte nur
     eine  unvollständige  sein;  durch  die  besondere Begünstigung  der


     zurückbleibt, den gleichen Vortheil gewähren.  Mit dieser Frage berühren  sich
     auch bekannte andere Discussionen, ob  z. B. bei der Vergleichung zweier succes-
     siver Intensitäten das erste Vorstellungsobject wegen der Herabsetzung der Leb-
     haftigkeit beim Auftreten des zweiten Objectes zu gering erscheine.  Vgl. hierzu
     auch F. An gell, Discrimination of clangs for different intervals of time.  Am.
     Joum. of Psych. XI, 1 und XII,  1.
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