Page 602 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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590                       Wilhelm Wirth.

     für beliebige Complexe und Variationsrichtungen,  vortheilhaft und
     will ich deshalb auch für die eingehendere Behandlung der psycho-
     logisch-theoretischen  Seite,  die  nach dem  bisher  Gesagten  noch
     manchen Einwand    zulässt, auf später verweisen  (6,  7).  Außerdem
     sind  keineswegs  alle  vier von  den  erwähnten  Möglichkeiten  für
     unsere Umfangsfrage gleich wichtig.  Die Ausfüllung des Bewusst-
     seins mit dem experimentell  gewählten Maße seines Umfanges    ist
     ja bei einmaliger tachistoskopischer Exposition nach allem früher
     Gesagten ohnehin keine maximale.   Es wären   also auch höchstens
     jene rasch zu relativ  höchster Klarheit erhobenen Elemente von
     Interesse, welche auch schon nach der früheren Methode der un-
     mittelbaren  "Wiedergabe  heraus  gelöst werden  konnten,  ja  deren
     Klarheitsgrad geradezu allein von dieser Leistung aus näher bestimmt
     werden konnte, wobei zugleich wegen der fest umschriebenen Grenzen
     der möglichen Zahl entsprechend klarer Einzelelemente die besondere
     Berechtigung  zu  der  speciellen Bezeichnung  dieser Klarheitsgrade
     innerhalb  des ganzen Momentbestandes bei einmaliger tachistosko-
     pischer  Exposition  betont  wurde.  Bis  in  alle  unklaren  Einzel-
     heiten nachzugehen, hat indessen wegen der bereits hinlänglich  er-
     läuterten Zufälligkeit des Umfanges derselben je nach ihrer Geläufig-
     keit von unserer Specialfrage aus nur        secundäre Bedeutung.
     Es kommt hierbei eine neue, an sich natürlich eben             so
     wichtige und interessante Frage herein, wie bestimmte
     concrete Vertheilungen der Aufmerksamkeit in der Zeit
     sich aufbauen.    Der gesammte Umfang des Bewusstseins , soweit
     er in solchen Complexen angelegt werden kann, wird hierbei niemals,
     und auch stets verschieden weit erreicht.  Eine Aussicht auf die Er-
     greifung einer auch die unklare Region einbeziehenden Gesetzmäßigkeit
     ergibt sich erst wiederum, wenn in Folge gleichmäßig maximal gün-
     stiger Bedingungen für die Beherrschung des Ganzen wirklich nur
     der Bewusstseinsumfang überhaupt  als einschränkende Ursache ein-
     greift, und nicht bloß zu kurze Zeit, um ihn auszunützen. Außerdem
     bekommt aber   natürlich die einmalige tachistoskopische Darbietung
     des ersten Objectes ihre eigenartige Bedeutung auch nur dann, wenn
     die  Combination  des Complexes  wirklich immer  eine  völlig neue
     ist.  Dieses erfordert natürlich für eine  hinreichende Versuchszahl
     eine große Anzahl von Expositionsbildern, bezw. besondere Variations-
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