Page 600 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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588 Wilhelm Wirth.
fange des Augenblickes simultan erlebt wurden, und erst in zweiter
Linie nach den Klarheitsgraden im Einzelnen fragt. Eignet sich
also auch die zeitlich discontinuirliche Darbietung vortrefflich zu
einer Uebersicht über die Differenzen der Klarheit überhaupt, wie
sie im unmittelbaren Erleben vorhanden sind, so wird sie für um-
fassendere Umfangs-Bestimmungen im eigentlichen Sinne, wo also
auch die unklareren Regionen zur Geltung kommen sollen, möglichst
durch die continuirliche Darbietung des IJrcomplexes mit unmittelbar
anschließender Vergleichsvariation ersetzt werden müssen.
Zur vorläufigen Würdigung der Differenzen, die man für die rela-
tiven Klarheitswerthe zwischen der continuirlichen und discontinuir-
lichen Darbietung zu erwarten hat, darf man sich ja nicht etwa auf
den viel geringeren Unterschied zwischen der Präcision der Yergleichs-
resultate jener beiden Fälle verlassen, der dann vorhanden ist, wenn
sich das Urtheil nur auf ein einziges Objectpaar zu beziehen braucht.
Denn sobald zu einem complicirten Urcomplexe übergegangen wird,
bleibt doch einerseits für die continuirliche Betrachtung auch
bei den weniger beachteten Elementen die richtige Zuordnung des
Neuen zum Alten im Einzelnen mit der nämlichen Klarheit er-
halten, mit der die betreffende Region selbst im unmittelbaren Er-
leben aufgefasst wird. Die ganze Orientirung innerhalb des Feldes,
welche die Variation sozusagen am einzelnen Element selbst sogleich
feststellen lässt, ist also bei der Continuität nicht erst wiederum
neu zu gewinnen, wie es andererseits bei der Discontinuität der
Vergleichscomplexe der Fall ist. Je mehr eigenartige Elemente
der ganze Complex besitzt, umso mehr wird schon sehr kurz nach
Unterbrechung der Wahrnehmung des Urcomplexes die richtige Be-
ziehung des einzelnen Elementes im neuen Complex auf diejenigen
des alten ihre Schwierigkeiten besitzen. Damit ist also noch die
Herabsetzung der Präcision des Vergleiches im Einzelnen gesteigert,
welche für ein einzelnes Element ohnehin bestände, und welche in
einer gewissen Progression mit der Anzahl der Einzelvergleichungen
zunimmt, welche im Gesammturtheil repräsentirt sind. In welchem
Umkreise freilich die vollkommene Beseitigung all dieser Schwierig-
keiten bei der continuirlichen Vergleichung zugleich die Differenzen
der Wirksamkeit der verschieden klaren Regionen so sehr ausgleicht,
dass die Vergleichsmethode zur Differenzirung der Klarheitswerthe