Page 601 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Zur Theorie des Bewusstseinsiunfanges und seiner Messung.
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nicht mehr ausreicht, muss
erst durch das Experiment selbst fest-
gestellt werden und liegen mir hierüber noch keine genügenden
Resultate vor, wovon aber das folgende allgemeine Princip der Um-
fangsbestimmung nicht berührt würde.
In der Hauptsache würden sich also einstweilen etwa vier Varia-
tionsmöglichkeiten der Versuche hinsichtlich des Zeitverhältnisses er-
geben. Erstens kann, wie bereits erwähnt, sowohl nach einmaliger, als
nach mehrfacher tachistoskopischer Exposition des ersten Objectes
die Darbietung des Vergleichsobjectes durch eine andersartig (und
zwar am einfachsten durch eine gleichförmige Fläche) ausgefüllten
Zwischenpause getrennt sein, zweitens kann sich aber nun die Ex-
position des Vergleichsobjectes an eine continuirHche Darbietung des
ersten Objectes anschließen, worin die wichtigste Combination über-
haupt gegeben sein dürfte, und ein specieller Fall hiervon wäre
wiederum der bereits erwähnte unmittelbare Anschluss an eine
einmalige tachistoskopische Exposition des ersten Objectes. In letzterem
Falle wäre der Idealfall des Versuches bei objectiver Gleichheit des
zweiten Objectes einfach eine Fortdauer der ersten Exposition mit
entsprechender Markirung des zweiten Theiles. Wenn das erste
Object nur einmal dargeboten wird, würde überhaupt nur eine ein-
zige tachistoskopische Exposition vorhanden sein, da es ja nicht darauf
ankommt, ob die beiden Expositionen, die mit einander verglichen
werden sollen, die ganze oder die halbe Zeit der gewöhnlichen
tachistoskopischen Exposition dauern. Die besondere Aufgabe, welche
das Erlebniss des Beobachters von einem gewöhnlichen tachisto-
skopischen Versuch der früheren Art unterscheidet, liegt dann eben
nur in der Fragestellung, ob sich das Object im Ganzen inhaltlich
gleich geblieben ist oder nicht ^). (Damit ist dann allerdings auch
technisch wenigstens die Möglichkeit einer inhaltlichen Variation der
Exposition und somit jedenfalls eine längere Exposition des Ganzen
als das IVIinimum der Wahmehmungszeit füi* eine einmalige Exposition
gefordert. Vergl. übrigens 2, 1.) Für die technische Ausführung der
beiden an zweiter Stelle genannten Versuche mit zeitHcher Continuität
der beiden Vergleichsobjecte ist eine besondere Technik, wenigstens
1) üeber die tachistoskopische Bestimmung der Unterschiedsschwelle zwischen
simultanen Empfindungen als Aualogon hierzu vergl. u. S. 619 und S. 627.