Page 625 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Zur Theorie des Bewusstseinsumfanges und seiner Messung.
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Ueberlegung, die zur Frage der günstigsten zeitlichen Beziehung der
beiden Vergleichsobjecte in einer gewissen Beziehung steht, aber doch
schon die Ausführungen über den gesammten Vorgang voraussetzt,
soll hier noch ihre Stelle finden: die Frage nämHch, ob die Er-
kenntniss der gesammten Klarheitsvertheilung im ürcomplexe, so wie
sie eben durch die Vergleichsmethode indirect festgestellt werden soll,
nicht auch noch dadurch vermehrt werden könnte, dass man nach
der tachistoskopischen Vergleichsexposition (mit ihrer entsprechend
markirten Abhebung) wider den alten Urcomplex ruhig fortbestehen,
bezw. die tachistoskopischen Wiederholungen desselben fortsetzen
lässt. Es ist offenbar nicht zu bestreiten, dass eine solche Ein-
schiebung des Vergleichsobjectes mit der Möglichkeit, dasselbe so-
zusagen nach beiden Seiten hin zu vergleichen, nicht nur eine Auf-
hebung gewisser Fehler der Zeitlage, sondern eine Begünstigung einer
Auffassung der qualitativen Beziehung in sich schUeßt. Denn sobald
die tachistoskopische Exposition des Vergleichsobjectes den ganzen
Process abschließt, etwa durch darauffolgende Rückkehr zu einer
gleichfarbigen, unterschiedslosen Fläche, wird nur die Erinnerung an
den Urcomplex der Wahrnehmung des Vergleichsobjectes gegenüber-
treten, es wird aber nicht mehr auch noch die Erinnerung an das
Letztere erneut an die Wahrnehmung des ürcomplexes angeglichen. Es
ist aber natürlich die Frage, ob diese »Begünstigung« eines Vergleichs-
urtheiles, welche das Vergleichsurtheil über die qualitativen Vorstellungs-
verhältnisse der beiden Complexe erleichtert, nicht mit einer gleichzeitigen
Verfälschung der Antwort auf unsere Umfangsfrage erkauft ist, indem
sie verschiedene Klarheitsvertheilungen beim Vergleiche zur Geltung
kommen lässt. Wären beliebige Verschiebungen der Aufmerksamkeit
im Spiel, so würde sie natürHch nur eine Aufhebung des Vortheiles
der tachistoskopischen Exposition des Vergleichsobjectes bedeuten, die
ja eben gerade nur eine einzige Klarheitsvertheilung ausscheiden lassen
soll, nämlich gerade diejenige im Momente des Uebergangs vom ür-
complexe auf die Momentwahrnehmung. Da eine Verlängening des
ganzen Vergleichsprocesses immer eine gewisse Gefahr nach Seite
der Aufmerksamkeitswanderung in sich schließt, ist natürhch der
ganzen Sache mit großer Vorsicht zu begegnen. Dennoch muss sie
bei der Wichtigkeit einer jeden Steigerung der Leistungsfähigkeit
des Vergleichsurtheiles für ein und die nämliche Klarheits-