Page 626 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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(5J4                      Wilhelm Wirth.

       vertheilung zum mindesten versucht werden.      Bei den früheren
       Anwendungen der einfachen psychophysischen Methoden kam ja diese
       ganze Frage desshalb wenig in Betracht, weil es sich stets nur um
       die maximale Aufmerksamkeit handelte, aber   nicht um bestimmte
       Vertheilungen. Zu Ungunsten einer Wiederholung des Urcomplexes
       spricht vor allem die im letzten Absatz ausführlich besprochene That-
       sache, dass innerhalb des Augenblickes der Yergleichsexposition ge-
       rade durch  die Variation des Vergleichsobjectes  eine Verschiebung
       der Aufmerksamkeit nach    dieser  Stelle  hin  stattfindet.  Dies  ist
       ja eben  ein  integrirendes Moment  in dem  für uns nothwendigen
       sicheren  Verschiedenheitsbewusstsein.  Eine Rückkehr zum Urcom-
       plexe wird dann natürlich ganz  anders betrachtet werden   als am
       Anfang.  Die Aufmerksamkeit wird auch hier auf die variirte Stelle
       concentrirt  sein, und damit schließt  also  das  zweite Stadium  des
       Vergleichsprocesses gerade jene gefährliche und fälschende Wanderung
       in sich.  Nun ist aber ja nach allem Bisherigen bei dieser Methode
       immer nur eine einzige Variation vorhanden;  die dadurch bedingte
       Veränderung der Aufmerksamkeitsvertheilung ist somit zunächst für
       sämmtliche Einzelversuche  eine hinreichend vergleichbare und wohl
       auch  in ihrem  positiven Erfolg,  der  bereits im  ersten Vergleichs-
       stadium  erlangten Beachtung  der Verschiedenheit, genügend  pro-
       portional.  Ueberall angewendet, würde also diese doppelseitige Ver-
       gleichung  keine Veränderung  des  gegenseitigen  Verhältnisses  der
       Klarheitswerthe ergeben, und  die Gesammtsumme     erschiene sozu-
       sagen nur in  feineren Einheiten wiedergegeben.  Dabei muss man
       noch  berücksichtigen,  dass  die Klarheitsvertheilung  jener  Propor-
       tionahtät entsprechend doch eigentlich nur dann eine wesentlich andere
       ist, wenn die Verschiedenheit beim ersten Male hinreichend aufgefallen
       ist, um vom Beobachter registrirt zu werden.  Sie ist also am größten
       und zugleich am eindeutigsten, wenn das für die Schwellenbestimmung
       geforderte Vollmaß  der Klarheit und Sicherheit  bereits  das  erste
       Mal vorhanden war.   Die zweite Vergleichung dient in diesem Falle
       überhaupt nur  zur  Sicherung, indem  sie  sozusagen  die nämliche
       Exactheit mit einer gewissen Erleichterung des Beobachters erreichen
       lässt.  Insbesondere  gewinnt dadurch  das  Grleichheitsbewusstsein,
       wie  es  sich  bei  sicher  untermerkUchen  Veränderungen  einstellt,
       noch ganz besonders an einer leicht merkbaren Charakterisirung,
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