Page 628 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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616                       Wilhelm Wirth.

      einen Abschluss des Ganzen ermöglicht, ohne   dass  der Charakter
      der einzelnen Gesammtbilder verändert wird, wird übrigens auch der
      Vergleich mit und ohne Rückkehr des Urcomplexes umso ähnlichere
      Bedingungen   besitzen,  je mehr  durch  die  ursprüngliche   Be-
      herrschung des Urcomplexes das Bild sicher eingeprägt ist und man
      in Folge dessen beliebig  schnell und  sicher zu  seiner Vorstellung
      zurückkehren kann.  So  hat sich denn auch im Experiment mit
      solchen tachistoskopischen, zeitlich getrennten Einzelbildern des Ur-
      complexes (bei beliebig häufiger Darbietung vor dem Vergleich) kein
      Unterschied zwischen dem Resultat beim Abbrechen des
      ganzen Processes nach Darbietung des Vergleichsobjectes
      einerseits und    der Wiederholung       andererseits   ergeben.
      Bei der continuirlichen Darbietung des Urcomplexes und unmittel-
      barem Anschluss der Vergleichsvariation an denselben wäre aber na-
      türlich der Gesammteindruck, dessen gleichmäßiger Fortbestand
      zur einheitlichen Vorbereitung für den Vergleichsvorgang, gleichsam
      als sichere Basis für die höheren Processe, hinzugehört, durch einen
      Abbruch des Ganzen nach der momentanen Darbietung des Ver-
      gleichsobjectes, das  hier einfach  in einer Momentvariation des con-
      tinuirlichen Complexes  besteht, wesentlich verändert.   Es kann
      eine  derartige Anordnung nur  als  eine Störung der ganzen Vor-
      stellungslage betrachtet werden.  Indessen ist hier dafür auch wieder
      der ganze Charakter der inhaltlichen Gegenstände   des Vergleichs-
      urtheiles ein wesenthch anderer, indem es  sich nun nicht mehr um
      die  Vergleichung   in  sich  abgeschlossener,  selbständiger  Ein-
      heiten, sondern einfach um eine Veränderungsauffassung handelt.
      Natürlich käme hierbei niemals eine Momentanveränderung in einer
      Richtung mit constanter Fortdauer der neuen Lage in Betracht, da
      ja  diese  keine Momentanabweichung vom    sicher beherrschten Ur-
      complexe bedeutet; es würde sich eben unter Ausschluss jenes Ab-
      bruches nach der Variation um   eine doppelte Veränderung an Ort
      handeln.  Wie  sich nun  die Resultate hier zu den entsprechenden
      bei  discontinuirlicher Exposition  verhalten, kann  allerdings a priori
      nicht gesagt werden.  Ist  ja doch  die Veränderungsauffassung, wie
      Stern  a. a. O. gezeigt hat, nach allen Seiten ein besonderes Problem
      für sich, dessen Discussion nach dieser  speciellen Seite zudem  erst
      nach Mittheilung  entsprechender Versuche an   der  Zeit  ist.  Die
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