Page 632 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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620                       Wilhelm Wirth.

     wird,  so wird  die Aufsuchung  der  Schwellenwertüe an den ver-
     schiedenen Stellen nach den bisherigen Darlegungen durchaus der
     thatsächlichen Klarheitsvertheilung entsprechen, und können nun auf
     diese Weise auch die weniger klaren Regionen mit beliebiger Ge-
     nauigkeit in ihrer Klarheit zur Geltung kommen.   Es ist natürlich
     auch  dies eine Abart der Vergleichsmethode, nur handelt es   sich
     dabei eben ganz und gar um die momentane Klarheit von Simultan-
     beziehungen.    Auch   fällt diese Untersuchung insofern nicht voll-
     ständig mit der öfters erwähnten Auffassung von Abweichungen aus
     einer gleichartigen Fläche nach beliebig langer Betrachtung zusammen,
     weil ganz ebenso^ wie bei den gewöhnlichen tachistoskopischen Ver-
     suchen nach der alten Methode,  eine Neuorientirung auf einer
     in ganz anderen,     z. B. also  helleren Gesammtfläche nothwendig
     wird.  Die Methode dient allerdings deshalb nicht zur Untersuchung
     ganz analoger Verhältnisse, wie bei jenen einfachsten Versuchen, weil
     ja dort sofort übermerkliche Differenzen sichtbar waren, während hier
     sozusagen  die  alte völlig zertheilte Anordnung der Aufmerksamkeit
     bleibt.  Will man ganz genau   die nämliche, allmähliche    (nicht
     vollendete) Vertheilung wie dort anstreben, dann kann man natürlich
     von der bloßen Simultanvergleichung mit einmaliger Exposition keinen
     Gebrauch mehr machen, und muss eben zu den oben (unter 4, 4)
     bezeichneten Anordnungen zurückkehren. Nur sind eben dann auch
     die dort bereits hervorgehobenen Schwierigkeiten nicht behoben, die
     bei  dieser  einfachsten Fragestellung  zufälUg  in Wegfall kommen.
     Doch geht ja auch diese ganze Frage der allmählichen Entstehung
     einer neuen Ausfüllung des Bewusstseins , wie schon öfters erwähnt,
     bereits weit über unsere Analyse einer bereits vorhandenen hinaus.
         15) Bedeutung der Schwellen für momentane Erregung
     der während des Urcomplexes völlig unbewussten Dispo-
     sitionen.   Das Mittel der Erzielung eines Verschiedenheitsurtheiles,
     welches hier zur Feststellung der Bewusstheit eines Elementes und
      seines Klarheitsgrades empfohlen wurde,  ist natürlich keineswegs etwa
     insofern eine indirecte und objective, von der detaillirten Reflexion
      und Wiedergabe   des Beobachters unabhängige Methode,    als man
      auch von der Erinnerung an die   kritische,  in  ihrer Variation er-
      kannte Stelle gänzlich unabhängig würde.   Wenn auch    für jeden
      einzelnen Versuch,  in welchem annähernd  die nämliche Blarheits-
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