Page 627 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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• Zur Theorie des Bewusstseinsumfanges und seiner Messung.
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      die dem Beobachter nach
                                 entscheidendem Versuch eine Erleichte-
      rung gewährt,
                     in dem Bewusstsein der absoluten Continuität,
                                                                   >als
      ob  nichts vorgefaUen  wäre«.  Doch  wird nun bei tachistosko-
      pischer Wiederholung,      also  zeitlicher Trennung,  nicht einmal
      eine  besondere  Herabsetzung  desjenigen  Klarheitsminimums  ein-
      treten,  bei dem noch  eine gewisse Variation erkannt werden kann.

      Damit ist also sogar eine .besondere Veränderung des Maßstabes für
      den gesammten Klarheitsumfang    ausgeschlossen.  Denn  jene Ver-
      besserung der Vergleichsbedingungen durch nochmaliges Heranrücken
                                                            t achist 0-
      des ürcomplexes wird doch zugleich die Vorstellung des
      skopischen Vergleichsobjectes     wieder etwas  in  ihrer Position
      schädigen.  Ein  sofortiges Einspringen  des alten Bestandes wird ja
      zunächst die selbständige Fortdauer der Vergleichsvorstellung ähnlich
      stören,  wie  auf peripher- physiologischem Gebiet eine der tachisto-
      skopischen Exposition unmittelbar folgende Lichterregung die Buch-
      stabenfoiTuen viel schneller auslöscht.  Damit ist zugleich eine Herab-
      minderung  der Chancen  für  die Wechselwirkung  der  Vergleichs-
      vorstellungen  überhaupt  gegeben.  Das  nur tachistoskopisch  dar-
     gebotene Vergleichsobject wird sozusagen gehindert,  seine sonstigen
     Nachtheile in seinem Dasein als Wahmehmimg bis zu einem gewissen
     Grade dadurch auszugleichen, dass es in seiner centralen Nachdauer
     als Vorstellung  fi-eier zur Geltung kommt.  Ebenso, wie man aber
     nun auf peripherem Gebiet durch entsprechende Adaptation die Em-
     pfindungsnachdauer  so  weit einschränkt,  als  sich überhaupt noch
     exact unterscheidbare Linien ergeben, wird man allerdings auch hier
     in der  »Auslöschung <  durch  die folgende Vorstellung  unter Um-
     ständen  keinen  Nachtheil  zu  sehen  haben.  Es  wird  sich dann
     manchmal zwar auch noch ein    »irregulärer« Einfluss der Variation
     des  Vergleichsobjectes  geltend machen, indem  die  entsprechende
     Stelle des ürcomplexes bei seiner Wiederkehi- auffällt, indessen  ist
     diese »Auffälligkeit« als unmittelbare Gefühlswirkung der psychischen
     Stauung von   einem Bewusstsein  der  Verschiedenheit  des vorher-
     gehenden Vergleichsobjectes  leicht zu unterscheiden.  Es sind dies
     also nur  Uebergangsfälle,  die den  unsicheren  Vergleichsurtheilen
     ohne Wiederholung des ürcomplexes an die Seite    gestellt werden
     können.   Da  andererseits  die  specielle Methode  einer  fortgesetzt
     tachistoskopischen Darbietung des ürcomplexes nach jeder Exposition
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