Page 630 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
P. 630
618 Wilhelm Wirth.
diese Variation ihrem absoluten Werthe nach bei intensiverer Be-
achtung der speciellen Stelle auffällig gewesen wäre. Dabei
muss ferner noch berücksichtigt werden, dass dieser specielle Einfluss
der Einzelvariation auf das Granze in hohem Maße von der Eigen-
thümlichkeit der gegenseitigen qualitativen Beziehung der einzelnen
Elemente eines Ganzen abhängig ist. Es kommt hier wiederum von
einer besonderen Seite eine aus der Psychophysik längst bekannte
Thatsache zur Geltung, die Bedeutung des Weber'schen Ge-
setzes für sog. »übermerkliche« Intensitätsunterschiede
oder für die Methode der mittleren Abstufungen. Es gilt dies
zunächst für die größere Differenzirung des ürcomplexes, die ich oben
wegen ihres größeren Anspruches an die Aufmerksamkeit (bei Vor-
aussetzung einer gleich sicheren Beherrschung) und der deshalb zu
erhoffenden größeren Abweichung der Klarheitsgrade vom Maximum
empfahl, z. B. also bei Auswahl von Kreisen u. s. w. (mit ausschließ-
licher Variation der Helligkeit im Vergleichsobject) in verschiedener
Helligkeit als charakteristischer Elemente, die auf einen überall gleich-
hellen Hintergrund aufgesetzt sind. In diesem Falle sind natür-
lich die Beziehungen der einzelnen Elemente zum Hintergrund und
unter sich lauter übermerkliche Helligkeitsdifferenzen. Eine Variation
der HelHgkeit an einer Stelle wird also auch der Umgebung gegen-
über nach dem oben erwähnten Specialfall des Weber'schen Gesetzes
nicht so leicht auffallen, als wenn die ganze Fläche an der betreffen-
den Stelle eine unterschiedslose Helligkeit in Grau oder Weiß dar-
stellen würde. Natürlich zeigt sich auch dieser Unterschied der ver-
schiedenen Complexe schon in der Ableitung der »Normalschwelle«,
aber es lassen sich doch hier die besonderen Factoren herausheben,
die neben der Schwelle für die variirte Stelle in Bezug auf sich selbst
durch eine Herabsetzung der Beachtung besonders erhöht werden
und deren Veränderung vielleicht einen ganz besonderen Beitrag zur
Charakterisirung des besonderen Präcisionsmaßes für unklarere Stellen
beiträgt, wie ja schon das Correlat der Unklarheit, die »Undeutlich-
keit«, also die Veränderung der Beziehung zur Umgebung, besonders
nahe legt. Auch diese verminderte Feinheit der Schätzung in Bezug
auf die Umgebung und das Ganze, welche bei einer größeren Diffe-
renzirung des Ürcomplexes eintritt, wird wohl auch bei der discon-
tinuirlichen Darbietung des Ürcomplexes und des Vergleichsobjectes