Page 640 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
P. 640
628 Wilhelm Wirth.
aber in einer Reihe von Arbeiten des Am. Journ. i), auf die auch von
Ebbingh aus besonders hingewiesen worden ist 2), Bestimmungen von
U.-Sch. bei Störung durch andere Reize oder bei Zerstreuung durch
gleichzeitige geistige Beschäftigung abgeleitet worden, also wieder
nach der zuerst von Boas ausgeführten Art. Doch ergab sich
nun meistentheils kaum eine merkliche Veränderung, ja
sogar eher unter Umständen eine Verfeinerung der U.-E.
bei jenen Störungen. Durch diese letztere Gruppe von Arbeiten,
die im Ganzen schließlich auch ein ziemlich großes Material vorbringt,
ist das Resultat von Boas mindestens in Frage gestellt, zumal seine
entscheidenden Versuche nur über zwei Tage ausgedehnt waren, was
bei der Methode der r. u. f. F. kein sicheres Resultat ergeben kann.
Aber auch die anderen Versuche von Berteis und Heymans
können gegen jenes negative Resultat kaum entscheidend ins Gewicht
fallen. Denn die Bestimmung der Reizschwellen in verschiedener
räumlicher und zeitlicher Nachbarschaft ist kaum die sicherste Methode,
die Quantitätsverhältnisse der psychologisch bedingten Modi-
ficationen am ungetrübtesten studiren zu können, weil gerade für
die Reizschwelle zugleich peripher physiologische Momente
viel mehr ins Gewicht fallen, indem geringe absolute Verände-
rungen aus solchen Gründen schon eine große relative Verschiebung
bedeuten. Bei den optischen Versuchen wird z. B. infolge eines
intensiven Reizes an irgend einer Stelle des Sehfeldes sogleich eine
allgemeine Störung der angestrebten Gesammtdunkeladaptation statt-
finden, zumal gerade die Anfangsgeschwindigkeit dieser Veränderungen
stets sehr bedeutend ist, und beginnen sich auch sofort Lichtnebel
nach allen Seiten von der störenden Stelle aus zu ergießen, welche
allerdings während des Störungsreizes infolge des Simultancontrastes
nicht so auffallen, trotzdem aber verhindern, die minimalen objectiven
Reize noch aus der Fläche herauszuerkennen, ganz abgesehen von der
Ausstrahlung innerhalb der Augenmedien selbst. Bei vorhergehenden
1) Jastrow, The interference of mental processes. IV, S. 219. Swift,
Disturbance of the attention during simple mental processes V, 1 Drew, Atten-
tion VIT, 533. Alice Hamlin, Attention and Distraction VIII, 3.
2) Ebbingh aus, Grundzüge der Psychologie, S. 595. Daselbst findet sich
auch eine Zusammenstellung der genannten Arbeiten aus dem Am. Journ., soweit
sie bis dahin erschienen waren.