Page 642 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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630 Wilhelm Wirth.
Bedingung für die thatsächlich erreichte Klarheit und Deutlichkeit
der Vorstellung, der immer noch andere Triebe oder Vorstellungen, die
unter reinem Passivitätsgefühl sich gewaltsam durch die eigene Inten-
sität u. s.w. (kurz die »Eigenenergie« nach Th. Lipps) aufdrängen,
entgegen wirken können. Bei hinreichender Concentrations-
fähigkeit ist aber eben unter den hier vorhandenen Versuchs-
bedingungen, bei welchen die Aufgabe der Vergleichung des einzigen
in Frage kommenden Objectes sachgemäß im Mittelpunkt des In-
teresses steht, offenbar jede sonstige Vorstellungsconcurrenz
zu gering, um die kritische Stelle aus ihrer klaren Stellung
zu verdrängen und ihr Präcisionsmaß erkennbar zu ver-
mindern. Und je geübter und brauchbarer der Beobachter sonst
in psychologischen Experimenten ist, umso mehr ist gerade seine
Concentrationsfähigkeit geübt. So wird insbesondere auch, wie
Ebbinghaus a. a. 0. hervorgehoben hat, die in den genannten Ar-
beiten bisweilen sogar auftretende Verfeinerung des Vergleichs-
urtheiles bei Störung dadurch erklärlich, dass die Concentration, die
ihrem Wesen nach eben eine Gegenwirkung gegen aufdringhche
Störungsvorstellungen bedeutet, unter Umständen erst recht auf-
gerüttelt und zu außergewöhnlichen Leistungen gebracht wird. Ge-
rade disparate Reize können wohl offenbar aus der allein für uns
wichtigen Beschäftigung mit der zu vergleichenden Stelle ausgeschieden
werden, während gleichartige »HemmungsVorstellungen , wie sie
«
Heymans in den genannten Versuchen verwendete, eben um ihrer
Aehnlichkeit willen noch am ehesten sich unwillkürlich in die Auf-
merksamkeit einschleichen können, wenngleich die ausschließliche Be-
schäftigung der Vergleichsthätigkeit mit der kritischen Stelle gerade
bei Heymans besonders stark hervorzutreten scheint.
Dafür würde sich aber nun unter diesen Versuchsbedingungen
bei den Störungsvorstellungen, die ohne wesentlichen Erfolg
neben der hier allein verglichenen Stelle auftraten, eine entsprechende
Herabsetzung der Klarheit und damit des Präcisionsmaßes zeigen
müssen. Bei ihnen hat man es aber eben für die nämliche Klar-
heitsvertheilung nicht nachgeprüft. Hätte man es aber versucht, so
wäre man eben ganz von selbst auf die oben empfohlene Anordnung ge-
kommen, welche thatsächHch jedem der Elemente eines größeren Com-
plexes ein herabgemindertes Präcisionsmaß zu Theil werden lässt und