Page 647 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Zur Theorie des Bewusstseinsumfanges und seiner Messung.
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    gerade" schon die FeststeUung der bei dieser Vertheilung thatsächlich
    vorhandenen Klarheitsvertheilung nach der oben behandelten Methode
    voraus.


                               Capitel 6.

      Bericht über die eigenen Experimente.  (Neue tachistoskopische
                       Apparate und ihre Methode.)

       1) Vereinfachung der Fragestellung zur vorläufigen Con-
    trole des Zusammenhanges von Umfang und Unterschieds-
    schwelle.   Die bisherigen Darlegungen sind von einer Würdigung
    der historischen Entwicklung der Fragestellung sogleich zur Theorie
    einer idealen Methode übergegangen, die noch auf keine practischen
    Messungsresultate verweisen kann, sondern mehr deductiv aus früheren
    Arbeiten und eigenen Versuchen über Umfangsbestimmungen nach
    einfacheren Methoden, sowie unter Berücksichtigung scheinbar femer
    liegender und allgemeinerer Gesichtspunkte als vorläufige Orientirung
    für spätere Versuche abgeleitet sein soll.  Ein solches Verfahren ist
    natürlich nur dann   einigermaßen zu  rechtfertigen, wenn,  wie  in
    unserem Falle,  ein Problem bereits auf eine entwicklungsreiche Ge-
    schichte zurückbhckt und wegen seiner umfassenden Bedeutung be-
    sonders offenkundig von der Lösung zahlreicher und zum Theü rein
    theoretischer Vorfragen abhängig erscheint, deren Discussion bereits
    ein ziemlich  abgeschlossenes Thema  für  sich  ausmacht.  Dennoch
    wüi-de man  vielleicht allzu leicht versucht sein, jene Vorschläge als
    zu abstracte und voreihge Combinationen anzusehen, denen die con-
    crete Basis fehlt, wenn nicht einstweilen auch die bisherigen Methoden
    und Resultate  thatsächhcher eigener Versuche in  dieser Richtung
    mitgetheilt würden, zumal  sie schheßhch auch  die subjectiven Be-
    dingungen für jene obigen Entwicklungen ausmachten.  Beweisen sie
    doch zum mindesten überhaupt die Möglichkeit, für die einzelnen
    Klarheitsgrade möghchst  vieler von den ausgebreiteten simultanen
    Elementen des jeweiligen Bewusstseins derartige Werthe wirklich ab-
    leiten zu können, wie sie oben empfohlen wurden.  Ebenso, wie sich
    die von den oben genannten Autoren (Cap. 5) gehegte Absicht nicht
    in dem   erwarteten Umfange  bestätigte,  dass  die Störung durch
    anderweitige Nebenreize auf die Unterschiedsschwelle zwischen zwei
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