Page 650 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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        sich brächten.  Auch  diese Forderung wäre ja allerdings  bei einer
        umfassenderen Messung nicht so streng,     weil eben jede beliebige
        Vertheilung der Klarheitsgrade,  falls  sie nur dem nämlichen Ur-
        complexe gegenüber constant    bleibt,  schließlich  in  der gesuchten
        Gesammtsumme ohne wesentlichen Verlust zum Ausdruck kommen
        muss.  Bei der umgekehrten Anwendung der Methode, durch Auf-
        suchung des Merklichkeitsbereiches für  ein und den nämlichen Varia-
        tionsumfang für sämmtliche Stellen des Complexes, wird wenigstens
        eine etwas größere Allgemeingültigkeit des Resultates erreicht, wenn
        die Vertheilung  der Aufmerksamkeit innerhalb   des  Sehfeldes  eine
        möglichst gleichmäßige  ist.
           Die überall »gleichwerthige« Variation der einzelnen Stellen des
        Complexes  bestand nun   darin,  dass im  Vergleichsobject  eine im
        Urcomplex schwarz ausgefüllte Figur weiss gelassen, bezw. eine dort
        weisse Figur  hier schwarz  ausgefüllt wurde.  Dies konnte  in  ein-
        fachster Weise ausgeführt werden, nachdem durch Lithographie einige
        Hundert Karten mit dem nämhchen Muster hergestellt worden waren,
        und zwar mit durchaus unausgefüllten, beliebig zu schwärzenden
        Umrissfiguren, wie sie aus den entsprechenden Figuren des Complexes
        zu ersehen  sind.  Damit  ist dann auch  die  Möglichkeit gegeben,
        weiterhin ohne Anfertigung einer neuen Schrift beliebige andere Aus-
        füllungen als Urcomplex verwenden zu können.    Zugleich gibt das
        Muster nur die Maximalzahl des Urcomplexes an.        Denn durch
        Aufsetzen  von  Papierschablonen  mit  entsprechendem   Ausschnitt
        können sämmtliche Karten, sowohl die des Urcomplexes, als auch alle
        Variationsscheiben, auf eine beliebig geringere Anzahl von Figuren
        eingeengt werden.  Eine gewisse Abweichung von dem Princip der
        gleichmäßigen Variation, wie es für die Vorversuche einzuhalten  ist,
        liegt allerdings  in dem Unterschiede der Variation bei weißen und
        schwarzen Figuren des Urcomplexes, welche ja bei der Veränderung
        von Weiß   in Schwarz und umgekehrt nicht ganz    die nämliche  ist.
        Wären aber   z. B.  ausschließlich weiße oder schwarze Figuren ver-
        wendet worden, wodurch die Variationsmöglichkeit unter den gleichen
        Bedingungen im ganzen Feld eine einzige geworden wäre,   so würde
        damit  natürlich  die Absorption  der  Aufmerksamkeit  gemäß  den
        früheren Ausführungen eine viel geringere gewesen sein, so dass viel-
        leicht die 25 Figuren für die hier gewählte  relativ große Maximal-
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