Page 653 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Zur Theorie des Bewusstseinsumfanges und seiner Messung.
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freizulegen, wenn die
volle Geschwindigkeit erreicht
ist. Doch ist
sie hier allerdings weniger nothwendig, da gerade
eine anfänglich
größere Expositionszeit mit ganz allmähhcher Abnahme die Betrach-
tung des Urcomplexes bei mehrfach tachistoskopischer Darbie-
tung sich relativ noch am meisten der idealen continuirlichen
Darbietung annähert. Indessen wird jener Verschluss des Spaltes
vor allem bei einmaliger Exposition des ersten Objectes, bezw. bei
einer genau begrenzten Anzahl der Darbietungen die einfachste Ver-
suchsanordnung darbieten, also insbesondere auch bei einer Unter-
suchung, die den allmählichen Aufbau der Gesammtvorstellung,
welche hier als »Ausfüllung« des Bewusstseins verwendet wird, ver-
folgen wollte, was eine specielle Abart exacter Gedächtnissversuche
abgibt. (Vgl. 4, 4.) Die Vorrichtung wird in ihrer experimentellen
Verwerthung erst im nächsten Abschnitt (6, 5), bei den Versuchen
mit einmaliger Exposition zur Sprache kommen, doch gehört die Er-
wähnung der Technik natürhch zur vorausgeschickten Beschreibung
der gesammten Anordnung. Es wird hier von der nämlichen
Vorrichtung Gebrauch gemacht, die Marbe in seinem
Rotationsapparat mit Verstellbarkeit der Sectoren wäh-
rend der Rotation zu optischen Zwecken zum ersten Male
angewendet hat^) und die in ihrer practischen Einfachheit ein so
allgemeines Anwendungsgebiet besitzt, dass sie bei vielen ausgedehn-
teren Veränderungen an einem sich drehenden Körper während der
Rotation eine zweckmäßige Lösung bieten dürfte. Die einfache Ein-
richtung ist aus Fig. 1, sowie aus dem Seitenriss (Fig. 2) zu entnehmen.
Der Radscheibe von rückwärts (d. h. vom Beobachter abgekehrt)
sehr genau anliegend, ist der geschwärzte Blechstreifen fe als ein um
die nämliche Axe verdrehbarer Sector aufgesetzt. Dieser trägt oben
eine breitere Platte, welche den Spalt a vollständig verschheßt, so-
bald b in Richtung des Pfeiles verdreht wii'd. Bei der gewöhnlichen
Lage mit Oeffnung des Spaltes ist der Sector h von der Feder f
gegen den Widerhaltstift h zui'ückgezogen. Die Verschiebung des
Spaltes kann nun während der Rotation in der Weise vorgenommen
werden, dass der Experimentator an dem Handgriff e am hinteren
Ende der Radaxe anzieht. Dadurch zieht man die (hier sehr kräftige)
1) Physiol. Centralblatt 1894, Heft 25, S. 811.
Wun dt, Philos. Studien. XX. 41